Politik

Haushalt enthält keinen Bundeszuschuss zur Pflege­versiche­rung mehr

  • Freitag, 2. Februar 2024
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei den Beratungen des Parlaments über den Bundeshaushalt. /picture alliance, Ann-Marie Utz
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei den Beratungen des Parlaments über den Bundeshaushalt. /picture alliance, Ann-Marie Utz

Berlin – Der Bundestag hat in der heutigen abschließenden Sitzung den Haushalt für das Jahr 2024 beschlos­sen. Für den Gesundheitsetat hatten die Haushälter in der zweiten Bereinigungssitzung noch 500 Millionen Euro mehr veranschlagen können. Die Pläne sind vom Parlament nun abgesegnet worden.

Damit stehen dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Mittel in Höhe von 16,7 Milliarden Euro zur Verfü­gung. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 7,7 Milliarden Euro weniger. Der Großteil der entfallenden Kosten hängt mit der Coronapandemie zusammen.

Für 2024 sind der ergänzende Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds (2,0 Milliarden Euro), das überjähri­ge Darle­hen an den Gesundheitsfonds (1,0 Milliarden Euro) nicht mehr in der Haushaltsplanung enthalten. Gestrichen wurde auch der pauschale Bundeszuschuss zur Pflege­versiche­rung (1,0 Milliar­den Euro). Der Bun­deszuschuss für die gesetzliche Krankenversicherung beträgt weiterhin 14,5 Milliarden Euro.

Die Abgeordneten der Ampelfraktionen betonten gestern, wie sehr sie den Sparplänen des Bundesgesund­heitsministeriums bei der internationalen Zusammenarbeit sowie bei der Mittelkürzung für die bundeseige­nen Institute entgegengetreten sind. So habe sich der Haushalt von den ursprünglichen 16,2 Milliarden Euro auf 16,71 Milliarden Euro vergrößert.

Für CDU-Abgeordneten Helge Braun, der neben dem Vorsitz des Haushaltsausschusses des Bundestages auch der zuständige Berichterstatter seiner Fraktion für den Haushalt Gesundheit ist, ist der Haushaltsplan durch die parlamentarische Arbeit besser geworden.

Dabei stellte er die Zuschüsse für den Global Health Hub, für den World Health Summit oder für die UN Orga­nisation UN Aids heraus. Aus seiner Sicht muss mehr bei der Suizidprävention getan werden, ebenso bei Pro­grammen zur Anwerbung von ausländischen Pflegekräften. Gerade hier liefen die Projekte nun aus, ohne, dass Anschlussvorhaben ersichtlich seien.

Andere Abgeordnete der CDU gingen mit der Regierung deutlich härter ins Gericht: So fragte der gesund­heits­­politische Sprecher der Union, Tino Sorge, wo denn die angekündigte Finanzierungsreform der gesetzli­chen Krankenversicherung sei, sowie die Reform für die Pflege, oder das Versorgungsgesetz? „All dies ist nicht vorgelegt, dafür werden die Länder beim Transparenzgesetz erpresst“, rief Sorge. Nach nun zwei Jahren Regie­rungsarbeit müsse man „das, was man ankündigt, auch mal umsetzen.“

Für Dietrich Monstadt (CDU) ist das Minus von acht Milliarden Euro im Haushalt nach der Pandemie ein Zei­chen dafür, dass die Regierung „den Ernst der Lage nicht verstanden“ habe und falsche Prioritäten setze. Po­li­tiker der Ampel betonten in Folge dieser Äußerung mehrfach, dass der Gesundheitsbereich nicht geschwächt werde, sondern der Etat das Niveau vor der Pandemie zurückerhalten habe.

CDU-Politikerin Diana Stöcker fragte nach dem Gesetz zur Suizidprävention, das der Bundestag im vergange­nen Sommer fraktionsübergreifend mit großer Einigkeit beschlossen hatte. „Diese Einigkeit muss sich auch im Bundeshaushalt widerspiegeln. Das tut es leider nicht.“

Sie bemängelte, dass es nur rund 500.000 Euro für eine Organisation zur Suizidprävention ausgegeben werde. Politikerinnen der Ampel unterstrichen, dass es ein Erfolg sei, dass überhaupt Geld für das Thema zur Verfü­gung stehe.

Fundamentale Kritik an der Haushaltspolitik kam von der AfD, die keine Gelder für die internationale Ent­wick­lungszusammenarbeit geben will. Auch der Abgeordnete der Linken, Ates Gürpinar, kritisierte eine Politik, die „massenhaftes Kliniksterben“ fördere.

Naturgemäß sahen die Ampelkoalitionäre ihre Haushaltspolitik unter einem anderen Vorzeichen. So seien die vom Parlament organisierten 150 Millionen Euro in der Long-COVID-Forschung eine wichtige „Investition in die Zukunft", sagte Svenja Stadler (SPD).

Wichtig sei, dass auch die Erkrankung von Kindern und Jugendliche nun mit Forschungsgeldern bedacht werde. Der Union warf sie vor, sich nicht konstruktiv an der Haushaltsdebatte beteiligt zu haben. „Warum trägt die Union nicht mit Anträgen zur Verbesserung des Haushaltes bei und schimpft stattdessen nur über die Regierung?“ fragte sie.

Lösungsansätze für die großen Aufgaben in der Gesundheitspolitik vermisst auch Paula Piechotta, Abgeord­nete der Grünen und Haushaltsexpertin für den Bereich Gesundheit. Für die kommenden Jahrzehnte warten angesichts der vielen Aspekte der demografischen Entwicklungen große Herausforderungen für die Gesund­heitsversorgung. „Wir werden alle beim Schreiben von Wahlprogrammen noch große Hausaufgaben erledigen müssen“, so Piechotta.

Der Haushalt sei nach der Pandemie wieder auf das übliche Niveau zurückgekommen. Die 16,7 Milliarden Euro, die 2024 ausgegeben werden können, sind laut Piechotta weniger als die Kosten für die Coronatests in der Pandemie. Angesichts der vielen Meldungen über Straftaten in dem Zusammenhang mit falschen Test sowie beim kürzlich aufgedeckten Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt von Paxlovid hofft sie, „dass uns dieser Fehler haushälterisch nicht mehr passiert“. Daraus müsse die Politik für künftige Krisen lernen.

Karsten Klein, Haushaltspolitiker im Bereich Gesundheit für die FDP, legte den Schwerpunkt seiner Rede auf die schwierige Situation bei der Gesetzgebung zu einer Krankenhausreform. Aus seiner Sicht verlangten die Länder hier zu viel aus dem Steuertopf des Bundes. In eine ähnliche Richtung argumentierte auch FDP-Abgeordnete Lars Lindemann.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) selbst verwies in der Debatte auf die vielen geplanten Gesetze, die dem Bundestag demnächst vorgelegt werden sollen. In Richtung Union erklärte er, sie habe 16 Jahre Zeit gehabt, selbst eine Finanzierungsreform für die gesetzliche Krankenversicherung vorzulegen. „Wir müssen jetzt daran arbeiten, dass auch künftig die Babyboomer gut versorgt werden, wenn diese in Rente gehen“, so Lauterbach.

Der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger forderte, dass nach den vielen Ankündigungen nun auch einmal die 17 geplanten Gesetze zur Beratung in das Parlament kommen müssten.

Andere Politikerinnen und Politiker verwiesen auf einzelne Projekte aus dem Haushalt, die besonders für die Drogenprävention oder auch die Forschung bei verschiedenen Fragen der Frauengesundheit, bei Kinderarz­neimitteln, Mittel für die internationale Zusammenarbeit sowie Mittel für die Digitalisierung. Auch stehe eine Million Euro für die Evaluierung der Präventionsangebote für Cannabis bereit, betonte SPD-Politiker Dirk Heidenblut.

Nach der entscheidenden Sitzung im Haushaltsausschuss ist der Etat festgezurrt. Vorgesehen sind Ausgaben von 476,8 Milliarden Euro. Das sind rund 5.635 Euro pro Einwohner in Deutschland. Das mit Ab­stand größte Budget hat Arbeitsminister Hubertus Heil mit rund 175,6 Milliarden Euro – davon gehen große Teile in die Rentenversicherung, dazu kommen zum Beispiel Ausgaben für das Bürgergeld.

Geplant sind Investitionen von 70,5 Milliarden Euro – zum Beispiel in das Schienennetz und in Straßen. Der Verteidigungsetat liegt bei rund 52 Milliarden Euro, dazu kommen Milliardenmittel aus dem „Sondervermö­gen“ für die Bundeswehr.

may/bee

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