Politik

Krankenhausreform: Versorgungslevels stehen auf der morgigen Agenda

  • Mittwoch, 22. Februar 2023

Berlin – Bund und Länder werden morgen zum zweiten Mal gemeinsam über die geplante Krankenhausreform beraten.

Nach einem Auftaktgespräch Anfang Januar treffen sich morgen erneut die Gesundheitsministerinnen und -minister der Bundesländer, Bundesgesundheits­minister Karl Lauterbach (SPD) sowie die Regierungsfraktionen des Bundestags. Es ist das zweite von insgesamt sechs vereinbarten Beratungsterminen auf dieser Ebene.

Einem Dokument zufolge, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, soll es morgen insbesondere um die Definition der Krankenhausversorgungsstufen (Levels) gehen.

Nach den Vorschlägen der Regierungskommission zu einer grundlegenden Krankenhausreform sollen die Kliniken statt künftig nur über diagnosebezogene Fallpauschalen (DRG) nach drei neuen Kriterien vergütet werden: Vorhalteleistungen, Versorgungslevels und Leistungsgruppen. Alle Krankenhäuser in Deutschland sollen künftig einem Versorgungslevel zugeordnet werden: Vom Level 1i für Grundversorger, in denen ambulante Leistungen erbracht werden, bis zum Level 3 für Maximalversorger.

Allerdings ist insbesondere um die Einführung der Versorgungslevels im Vorfeld ein Streit entbrannt. Lauterbach zeigte sich bislang als Verfechter der Empfehlungen der von ihm eingesetzten Regierungskommission und damit auch als Befürworter der drei Levels. „Ohne die Reform kommt es flächendeckend zu einem unkontrollierten Kliniksterben“, betonte der Minister vergangene Woche.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hingegen hatte vor kurzem Zahlen präsentiert, wie sich die Einführung der bislang geplanten Levels auf die Krankenhauslandschaft auswirken könnte.

Demnach würden von den 1.697 Krankenhausstandorten, die es in Deutschland gibt, 150 dem Level 3 der Maximalversorgung zugeordnet werden. 82 Standorte würden dem Level 2 der Schwerpunktversorgung zugeteilt, 834 dem Level 1n der Grundversorgung mit Notaufnahme und 416 dem Level 1i der Grundversorgung mit ambulanten Leistungen. 215 Standorte würden keinem dieser Versorgungslevel zugeordnet werden.

DKG: Es braucht Sondervermögen Krankenhaus

Der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß kritisierte diese möglichen Auswirkungen und betonte Mitte Februar, dass viele Kliniken damit ihren bisherigen Auftrag zur Patientenversorgung verlieren würden oder deutlich umgestaltet werden müssten. „Derart massive Veränderungen würden zu erheblichen Verwerfungen führen und sind sicher nicht erforderlich, um die Krankenhausversorgung zukunftsfest zu machen“, so Gaß. Er pochte deshalb auf entsprechende Öffnungsklauseln für die Länder.

Heute forderte die DKG, dass sich Bund, Länder und GKV in angemessener Weise an der ergänzenden Vorhaltefinanzierung, dem Aufbau eines Strukturfonds und der Finanzierung ambulanter Leistungen an den Krankenhäusern beteiligen sollen. „Wir sprechen von einem großen Transformationsprozess. Eine solche Entwicklung kann nur durch nachhaltige Investitionen gelingen“, sagte Gaß. Es sei Zeit, ein „Sondervermögen Krankenhaus“ einzurichten, das den Reformprozess der nächsten Jahre finanziere, absichere und begleite.

Auch die Bundesländer wollen weiterhin Verantwortungshoheit über die Krankenhausplanung behalten. Das haben insbesondere der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) oder der bayerische Minister Klaus Holetschek (CSU) immer wieder bekräftigt. Man könne keine Bundesschablone über die Krankenhäuser legen, sagte Laumann nach der ersten Bund-Länder-Runde im Januar.

Nicht einfacher wird der Einigungsprozess dadurch, dass die Bundesländer selbst unterschiedliche Reformbestrebungen angehen. In Nordrhein-Westfalen sind etwa erstmalig Leistungsgruppen geplant. Allerdings hat sich das Land gegen die Einführung von Versorgungslevels entschieden. In Niedersachsen hingegen ist die Situation genau andersherum. Dort sind keine Leistungsgruppen, aber dafür drei Versorgungsstufen in acht Regionen geplant.

NRW spricht sich gegen Leveleinführung aus

In beiden Ländern ist die Reform weit vorangeschritten, in NRW läuft seit Herbst 2022 bereits die schrittweise Umsetzung. Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Johannes Albert Gehle, sieht die Einführung starrer Levels kritisch, da viele Kliniken in NRW ihre spezialisierten Leistungen damit nicht mehr erbringen könnten. Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen hat kürzlich in einer Analyse aufgezeigt, dass eine 1:1-Umsetzung der Vorschläge der Kommission die bisherigen 358 Krankenhausstandorte in NRW auf 83 reduzieren würde.

Nach der Vorlage der einzelnen Auswirkungsanalysen hat nun auch das BMG reagiert. Gestern wurde bekannt, dass das Ministerium nun die bisherigen Pläne der Krankenhausreform wissenschaftlich analysieren lassen will und hat dazu eine Ausschreibung ins Leben gerufen. Vergangene Woche hieß es aus dem Ministerium, dass nach der Reform mit rund 300 bis 400 Krankenhäusern des Versorgungslevels II zu rechnen sei – und nicht mit 82, wie es in der DKG-Analyse hieß.

Der GKV-Spitzenverband und einige Krankenkassenverbände appellierten heute an alle Beteiligten der Beratungsrunde, sich konstruktiv für eine Reform im Sinne der Patienten und Beschäftigten einzubringen. Die von der Ampel-Koalition angestoßene Reform sei überfällig. Es gehe jetzt darum, die Strukturen neu zu ordnen und die Versorgung zu modernisieren, so die Krankenkassenverbände. Dabei habe die Verbesserung der Behandlungsqualität, verbunden mit einer guten Erreichbarkeit der Krankenhäuser und zukunftsfähigen Arbeitsstrukturen, oberste Priorität.

Einzelne Kassen äußerten sich bereits pessimistisch, ob es überhaupt zu einer echten Strukturreform kommt. Hier besteht auch die Sorge, dass am Ende nur eine Pauschale für die Vorhaltekosten kommt, aber danach kein Elan für eine Reform der Strukturen erhalten bleibt.

Bund und Länder wollen bis vor der Sommerpause im Juli einen gemeinsamen Vorschlag für eine Krankenhausreform entwickeln. Dieser Vorschlag soll über die Sommerpause vom BMG zu einem Gesetzentwurf weiterentwickelt werden. Die Hoffnung ist, dass der Gesetzgebungsprozess im Dezember abgeschlossen sein wird, so dass die Reform Anfang 2024 in Kraft treten kann. Neben der Krankenhausreform soll zudem auch eine Reform der Notfallversorgung beraten werden.

bee/cmk/fos

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