Länder setzen sich für Verstetigung des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst ein

Travemünde – Neben der Stärkung der ambulanten medizinischen Versorgung hat sich die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vor allem zur Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) bekannt.
„Das deutsche Gesundheitssystem ist nicht denkbar ohne einen starken Öffentlichen Gesundheitsdienst. Er ist und bleibt eine tragende Säule unserer gesundheitlichen Versorgung“, heißt es in einem Beschluss der GMK, die gestern und heute in Lübeck-Travemünde getagt hat. Der ÖGD werde angesichts der künftigen Herausforderungen noch an Bedeutung gewinnen, sind die Länder überzeugt.
Die Aufgaben des ÖGD seien prioritär an den Bedarfen der Bevölkerungsgesundheit orientiert und die Ausrichtung fokussiere sich auf ein gesundheitsförderliches Lebensumfeld und gesundheitliche Chancengleichheit – verbunden mit dem Fokus auf Bürgernähe, Vernetzung und partnerschaftliches Handeln mit vielen anderen Akteuren.
2020 haben sich Bund und Länder während der COVID-19-Pandemie auf den ÖGD-Pakt geeinigt. Der Bund finanziert den Pakt mit vier Milliarden Euro über einen Zeitraum von 2021 bis Ende 2026. Damit sollen unter anderem 5.000 neue Stellen in den Gesundheitsämtern geschaffen sowie Investitionen in die digitale Infrastruktur, darunter die Weiterentwicklung des Deutschen Elektronischen Melde- und Informationssystems (DEMIS) zur automatisierten und zügigen Meldung von meldepflichtigen Infektionskrankheiten getätigt werden.
„Die Bemühungen um die Weiterentwicklung zu einem zukunftsfähigen und krisenresilienten ÖGD dürfen nicht mit Ablauf der ÖGD-Paktes Ende 2026 beendet sein“, warnte heute die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Kerstin von der Decken (CDU). Sie kritisierte, dass sich der Bund einseitig aus der Finanzierung des Paktes verabschieden wolle. „Unser Ziel ist es, den ÖGD-Pakt zu verstetigen“, forderte sie.
Nachhaltige Stärkung des ÖGD gefordert
Es brauche eine nachhaltige strukturelle Stärkung des ÖGD, da die Herausforderungen durch Sicherheitslagen, Krisen, Klimawandel, Pandemien und die demografische Entwicklung weiter zunehmen würden. „Dessen sollten sich alle bewusst sein und entsprechend verantwortungsvoll handeln“, so von der Decken. Im Beschluss der GMK heißt es dazu: „Bund, Länder und Kommunen sind gemeinsam aufgefordert, die im Rahmen des Paktes für den ÖGD geschaffenen Strukturen zu sichern und angesichts der vielfältigen Aufgaben in angemessener Weise weiterzuentwickeln.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte heute, dass die Fortführung der Finanzierung des ÖGD Aufgabe der Länder sei. Die Bundesregierung sei nicht in der Lage, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Über die haushaltspolitisch schwierige Lage sprach gestern auch die Abteilungsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Ute Teichert bei einer Fachtagung der Bundesärztekammer (BÄK) in Berlin. Allerdings sei es eigentlich auch ihr großer Wunsch, den Pakt fortzuführen, sagte Teichert. Es gelte nun, nach Lösungen zu suchen.
Tatsächlich hat der ÖGD-Pakt bereits zu einem deutlichen Personalaufbau geführt. Bei der Besetzung von Stellen lägen alle Bundesländer über dem Soll, sagte Teichert gestern weiter. Die eigentlich für Ende 2023 angepeilte Schwelle von 3.600 besetzten Stellen ist demnach bereits deutlich überschritten: Rund 4.420 Stellen seien zum Stichtag 31. Dezember 2023 besetzt gewesen. Mittlerweile seien es rund 4.830. Fraglich ist hingegen, wie viele Stellen davon befristet sind und demnach nach einer gewissen Zeit auslaufen.
Für die Weiterentwicklung des ÖGD über das Jahr 2026 hinaus, habe die GMK zudem eine neue Arbeitsgruppe auf Abteilungsleiterebene eingerichtet. Diese soll eine Beschlussvorlage erarbeiten, die bis Ende des Jahres verabschiedet werden soll.
Negative Untersuchungsergebnisse künftig melden
Weiter forderte die GMK das Bundesgesundheitsministerium dazu auf, zu prüfen, ob nicht auch negative Untersuchungsergebnisse bei meldepflichtigen Erkrankungen gemeldet werden müssten. Dies sei für die Eingrenzung von Ausbruchsgeschehen wichtig, argumentieren die Länder. Bislang müssen Labore nur positive Laborbefunde an die Gesundheitsämter übermitteln.
Um künftig bioterroristische Gefahrenlagen besser bekämpfen zu können, bittet die GMK außerdem um Einrichtung einer Arbeitsgruppe auf Amtschefebene unter Beteiligung des BMG und Bundesministeriums des Innern (BMI) sowie der Innenministerien der Länder.
Das klare Bekenntnis der Bundesländer zur Weiterentwicklung des ÖGD begrüßte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD). „Wir brauchen in Deutschland einen starken und verlässlichen ÖGD“, sagte die BVÖGD-Vorsitzende Kristina Böhm. Die Politik habe im Jahr 2020 aufgrund der Erfahrungen in der Pandemie schnell reagiert und mit dem Pakt für den ÖGD ein bisher nie dagewesenes, großes Förderprogramm aufgelegt.
„Mehr als 5.000 Stellen wurden damit im ÖGD neu geschaffen und auch bei der Digitalisierung sind wir wichtige Schritte vorangekommen“, bewertete Böhm die Lage. Mit dem Auslaufen der Förderung Ende 2026 bestehe aber die Gefahr, dass dann Stellen aufgrund Befristung oder desolater Haushaltslage in den Kommunen auslaufen beziehungsweise abgebaut werden. Das könne man sich nicht leisten, betonte Böhm.
Sie appellierte, dass der Gesundheitsschutz der Bevölkerung an erster Stelle bleiben müsse und dafür eine nachhaltige und dauerhafte Verbesserung der Personalsituation im ÖGD benötigt werde. „Dabei stehen Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen in der Verantwortung“, sagte Böhm.
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