Politik

Lauterbach: Gesundheitskioske für ärmste Stadtteile Deutschlands

  • Dienstag, 5. März 2024
/picture alliance, ABB
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Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bei der Eröffnung des Kongresses „Armut und Gesundheit“ das Vorhaben der Gesundheitskioske verteidigt. „Wir wollen Gesundheitskioske in den ärmsten 1.000 Stadtteilen Deutschlands einführen“, betonte Lauterbach heute in Berlin.

Diese sollen eine niedrigschwellige Anlaufstelle für Menschen in Regionen sein, in denen Ärztinnen und Ärzte nicht mehr angesiedelt seien. An diesem Punkt könne bislang wenig geändert werden.

Für Menschen mit Sprachbarrieren oder anderen Barrieren seien Gesundheitskioske die richtige Anlaufstelle, um etwa eine verständliche Erklärung zu medizinischen Befunden zu erhalten.

Zudem sollten die Kioske ein Ankerpunkt für Menschen sein, um in das Gesundheitssystem zurückzufinden. Die Gesundheitskioske werden zudem weniger als ein Promill kosten, was derzeit für die Krankenhäuser aus­gegeben werde, erklärte Lauterbach weiter.

Die gesetzliche Grundlage für Gesundheitskioske solle im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz geschaf­fen werden. Ein erster Referentenentwurf mit Details zu den Kiosken war im Januar bekannt geworden.

Lauterbach kritisierte zudem, dass die Gesundheitskioske bekämpft werden und als Konkurrenzsystem zum bestehenden System wahrgenommen würden. Damit meinte er offenbar die Kritik der Ärzteschaft. Diese be­fürchten den Aufbau einer Doppelstruktur und eine weitere Verknappung von medizinischem Personal.

Dem Sozialmediziner Gerhard Trabert zufolge geht das Konzept jedoch nicht weit genug. In den Gesundheits­kiosken müsse auch behandelt und nicht nur beraten werden, forderte er.

Lauterbach bemängelte zudem, dass es vonseiten der Kritiker keine konstruktiven Vorschläge gebe, wie sich Ärztinnen und Ärzte verstärkt in den entsprechenden Regionen ansiedeln würden. „An dieser Diskussion spürt man erneut, wie stark die Ressentiments teilweise gegenüber ärmeren Menschen sind, wenn es um die Ge­sundheitsversorgung geht“, betonte Lauterbach.

Er begrüßte zudem die Berücksichtigung des Themas des Klimawandels beim Kongress. „Der Klimawandel ist eine neue Facette der sozialen Frage“, sagte Lauterbach. Etwa durch die CO2-Belastung, Feinstaub und Hitze­wellen würden sich auch ökonomische Nachteile verstärken. Mit der Veränderung des Klimas nehme auch die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Pandemien zu, die wiederum vor allem die ärmeren Bevölkerungsgruppen treffen würden.

Lauterbach kritisierte darüber hinaus, dass sich die Lebenserwartung in Deutschland nicht so gut weiterent­wickelt habe, wie in anderen westeuropäischen Ländern. Einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen hät­ten in den vergangenen Jahren kaum Zuwachs bei der Lebenserwartung gezeigt. Im Vergleich zu einkomm­ens­stärkeren Gruppen gebe es eine entsprechende Differenz von vier Jahren bei Frauen und acht Jahren bei Männern, so Lauterbach.

Das neu geplante Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) solle unter anderem weiter erforschen, welche gesundheitlichen Effekte der Klimawandel hat. Außerdem soll der vergangenes Jahr ins Leben gerufene Hitzeschutzplan nach dem Vorbild Frankreichs weiterentwickelt werden. Ziel sei es, die Zahl der Hitzetoten zu reduzieren. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte vergangenes Jahr von mehr als 3.000 Hitzetoten in Deutschland gesprochen.

Auch die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, erklärte bei der Eröffnung des Kongresses: „Wer ärmer ist, ist kränker.“ Dazu gebe es ein differenziertes Forschungsbild. Entlang eines langen Gradienten gebe es Ungleichheiten bis in die höchstgebildeten Schichten. „Multimillionäre sind immer noch kränker als Multi­milliardäre“, so Buyx.

Zudem gebe es auch einen Zusammenhang zwischen Klima und Gesundheit als auch zwischen Klima und Armut. Dies gelte nicht nur in Ländern, in denen der Klimawandel bereits heute drastische Auswirkungen zeige, sondern auch in Deutschland, sagte Buyx. Menschen mit kleineren, beengten Wohnungen ohne Garten oder Klimaanlage seien etwa von Hitze stärker betroffen.

Zusammenfassend erklärte sie: „Wer ärmer ist, ist klimakränker“, so Buyx. In der kommenden Woche werde der Deutsche Ethikrat zudem eine Stellungnahme zum Thema Klimagerechtigkeit vorstellen, kündigte sie an.

cmk

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