Lauterbach: Praxisreform lässt Krankenkassenbeiträge nicht steigen

Düsseldorf – Das gestern vorgestellte Maßnahmenpaket für niedergelassene Ärzte wird nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Krankenkassenbeiträge nicht in die Höhe treiben.
„Für diese Maßnahme wird der Beitragssatz nicht steigen. Die Kosten sind nicht so hoch“, sagte der SPD-Politiker heute im „Morgenecho“ von WDR 5. Die zum Jahresbeginn von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angekündigten Beitragserhöhungen beinhalteten „minimale Erhöhungen für eine bessere Medizin“, so Lauterbach.
Mit der Reform im vergangenen Jahr seien fast 17 Milliarden Euro Defizit ausgeglichen worden. „Somit ist das System ist mehr oder weniger jetzt in ein Gleichgewicht gekommen. Die Beitragssätze werden nicht mehr stark steigen“, versicherte der Minister.
Nach Lauterbachs Plänen sollen Hausärztinnen und Hausärzte mehr finanzielle Freiräume bekommen, um Wartezeiten und Engpässe zu vermeiden. Konkret sollen für Hausärzte – wie schon für Kinderärzte – die Budgets mit Obergrenzen bei der Vergütung durch die Krankenkassen aufgehoben werden. Dies soll dazu führen, dass alle in den Praxen erbrachten Leistungen bezahlt werden.
Zudem soll sich der bürokratische Aufwand verringern. Da Lauterbach den Honorardeckel bei den weiteren Facharztgruppen nicht aufheben will, hatte sich bereits der Vorsitzende des Virchowbunds, Dirk Heinrich, unzufrieden mit den Vorschlägen gezeigt und weitere Ärzteproteste angekündigt.
Bei den Fachärzten sei die Situation etwas besser als bei den Hausärzten, sagte Lauterbach hierzu. „Da sind wir, Gott sei Dank, noch relativ gut ausgestattet.“ Die Entbürokratisierung und Anpassungen bei Arzneimittelregressen würden aber auch für Fachärzte sofort angegangen.
„Eine Neiddebatte brauchen wir nicht“, betonte Lauterbach. Insgesamt betrachtet seien die Einkünfte mit 200.000 bis 400.000 Euro pro Jahr, vor Steuern nach Abzug der Kosten, „für den Praxisinhaber doch relativ gut“.
Die angekündigte Umstellung der Honorierung und Entbürokratisierung der Praxisarbeit sei „keine Reaktion auf die Streiks der letzten Wochen“, sondern eine Umsetzung des Koalitionsvertrags der Bundesregierung, stellte er klar.
Es gehe im Gesundheitssystem um Reformen, die seit zehn Jahren überfällig seien. In den nächsten Wochen werde das Gesetz für die nun angekündigten Reformen vorgelegt – weitere würden folgen. „Wir werden in den nächsten Monaten zehn Gesetze sukzessive vorlegen“, kündigte der Minister an.
Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, der auch Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) ist, betonte heute, das Paket enthalte für die hausärztliche Versorgung zielführende und perspektivisch ausbaubare Maßnahmen.
Allerdings greife das Paket im fachärztlichen Bereich „deutlich zu kurz“. „Vergleichbare Maßnahmen wie im hausärztlichen Bereich müssen zwingend auch hier implementiert werden. Sie sind kurzfristig mit den Verbänden abzustimmen“, mahnte Reinhardt.
Er betonte zudem, die angekündigten Maßnahmen zur Entbürokratisierung und zur Vermeidung des Regressrisikos seien sinnvoll, müssten aber unbedingt als ‚lernendes System‘ etabliert werden und bedürften einer kontinuierlichen Befassung.
Die vom Minister öffentlich gemachte Zusage, mit den Koalitionsfraktionen zur Umsetzung der GOÄ-Novelle in den Dialog zu gehen, wird von der Ärzteschaft dringend eingefordert. „Es gilt unverändert, dass eine zügige Novellierung zwingende Voraussetzung für Rechtssicherheit und die Abbildung einer modernen Medizin ist.“
Die Vorschläge zur hausärztlichen Versorgung gehen aus Sicht des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) in die richtige Richtung und sollten ihre Entsprechung in Strukturverbesserungen für alle grundversorgenden haus- und fachärztlichen Gruppen finden. Der BVKJ begrüßt ebenfalls, dass das BMG Vorschläge aus der Pädiatrie zur Entbürokratisierung aufgenommen hat, insbesondere eine Bagatellgrenze bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion Tino Sorge (CDU) kritisierte in den RND-Zeitungen, die Maßnahmen hätten „erhebliche finanzielle Folgen“ für die Krankenkassen und womöglich auch für den Bundeshaushalt.
Er bemängelte zugleich, für zehntausende Arztpraxen in Deutschland bleibe außer vagen Versprechungen wenig Handfestes. Zudem blende Lauterbach die Fachärzte in seinem Maßnahmenkatalog weitgehend aus. „Er beschränkt sich mit einem gefährlichen Tunnelblick nahezu komplett auf die Hausärzte“, so der Vorwurf.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau erklärte, die Reformen in der hausärztlichen Versorgung würden „spürbare Entlastungen“ für Hausärztinnen und Hausärzte und damit auch Verbesserungen für Patienten bringen. „Die Ampel hat neben den Krankenhäusern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Blick“, so Grau.
Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwarzte (SPD), betonte, es sei wichtig, dass sich die Hausärzte ihrer Aufgabe möglichst uneingeschränkt widmen könnten. „Mit der Streichung des Honorardeckels fällt nun eine Einschränkung weg“, sagte er. Er sei froh, dass der Bundesgesundheitsminister dies nun angehe.
Das Vorhaben gebe Hausärztinnen und Hausärzten den notwendigen Behandlungsspielraum bei der bestmöglichen medizinischen Versorgung unserer alternden Gesellschaft. Schwartze zeigte sich optimistisch, dass die Hausärzte mit dieser Freiheit und Entbürokratisierung auch verantwortungsvoll umgehen werden.
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