Politik

Leiharbeit in der Pflege wird als Belastung für Krankenhäuser gesehen

  • Mittwoch, 19. April 2023
/picture alliance, photothek, Florian Gaertner
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Berlin – Die steigende Zahl zumeist besser bezahlter Leiharbeitskräfte in der Pflege ist der Unionsfraktion im Bundestag zufolge eine zunehmende Belastung für die Krankenhäuser in Deutschland.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, errechnete die Fraktion auf Basis öffentlicher Daten eine Verdopp­lung der Zahl von Leiharbeitern in der Gesundheitsbranche zwischen 2015 und 2021. Für diesen Zeitraum hätten die Mehrkosten im Vergleich zu Festanstellungen 606 Millionen Euro betragen.

Im Schnitt bedeute eine Leiharbeitskraft für den Arbeitgeber Kosten von 108.500 Euro im Jahr, hieß es in dem Bericht. Eine festangestellte Kraft mit der Tarifstufe P7 kostet dem Bericht zufolge dagegen nur etwa 60.000 Euro.

Weil die Pflegekassen diese Mehrkosten demnach nur bis zum maximal möglichen Tarifgehalt zurückerstatt­en, müssten die Krankenhäuser die Mehrkosten an anderer Stelle einsparen.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Sepp Müller kritisierte, Leiharbeiter „pervertieren“ das Versorgungssystem und belasteten am Ende Beitragszahler wie Patienten. Ihm zufolge sollte Leiharbeit in der Pflege nur noch bei nachweislichen Ausfällen im Stammpersonal erlaubt sein.

Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), forderte dem Bericht zu­folge schon vor Wochen, den Stundensatz der Leiharbeit inklusive aller Kosten auf das 1,5-fache einer übli­chen Vergütung zu begrenzen.

Tatsächlich sieht ein Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Pflegereform von Anfang des Monats für Leiharbeiter die gleichen „Wirtschaftlichkeitsgrundsätze“ bei der Vergütung vor wie für Festan­gestellte.

So sollen Leiharbeitseinsätze nur „zusätzliche Instrumente“ darstellen, um „bei kurzfristigen Personalaus­fällen“ auszuhelfen. Die Gesetzesänderung soll einen wirtschaftlichen Anreiz schaffen, „Stammpersonal zu halten und ungleiche Arbeits- und Entlohnungsbedingungen zu Lasten des Stammpersonals zu beschränken“.

Auch der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem und der AOK-Bundesverband sehen die Leiharbeit im Kranken­haus kritisch. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, sagte heute im Rahmen einer Pressekonferenz, die derzeitige Zunahme sei nicht durch Engpässe begründbar und stelle sowohl im Kranken­haus- als auch im Altenpflegebereich ein Problem dar.

Die erhöhten Kosten durch die Zeitarbeitsfirmen gehe auch auf die Kosten der Solidargemeinschaft, kritisierte sie. „Und das geht auch auf den Rücken der Stammbelegschaft, die für Kontinuität und Qualität in der Verant­wortung ist.“ Sie begrüße deshalb alle politischen Versuche, diese Auswüchse zu begrenzen.

Jürgen Wasem, Lehrstuhlinhaber für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen, sieht Leih- und Zeitarbeit zwar als sinnvolles Instrument an, um temporäre Engpässe flexibel auszugleichen. Allerdings habe sich das zu einem Geschäftsmodell entwickelt, das teuer sei und sich auf Kosten des Stammpersonals aus­wirke. Dies sei keine gute Entwicklung, so Wasem. Er forderte, dass es stärkere Grenzen geben müsse.

afp/cmk

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