Reformauswirkungen für Krankenhäuser noch schwer abschätzbar

Berlin – Die Auswirkungen der in Arbeit befindlichen Krankenhausreform sind für die Krankenhäuser noch schwer abschätzbar. Dies zeigte gestern eine Diskussionsrunde auf dem Krankenhausgipfel der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Um die Folgen der Krankenhausreform konkret für einzelne Standorte analysieren zu können, sei man auf einen vorliegenden Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz angewiesen, betonte Werner Lullmann, Geschäftsführer der Niels-Stensen-Kliniken.
„Froh“ sei er, dass die ursprünglich vorgesehene unmittelbare Verknüpfung von Leveln und Leistungsgruppen im Rahmen der Bund-Länder-Gespräche zu den Akten gelegt worden seien.
Grundsätzlich positiv bewertete Lullmann die im Eckpunktepapier enthaltenen Ansätze zur Kombination von ambulanter und stationärer Versorgung. Der von ihm begleitete Prozess der Umwidmung eines Krankenhausstandortes in ein regionales Gesundheitszentrum habe deutlich gezeigt, dass man „deutlich flexiblere Instrumente“ brauche.
Die Begleitumstände – Bürgerinitiative und Widerstand der Regionalpolitik trotz initialer Signale der Unterstützung – seien zudem wenig erfreulich gewesen. Mittlerweile sei in weiten Teilen der örtlichen Bevölkerung zwar die Erkenntnis gereift, dass das neu aufgebaute Versorgungsangebot perspektivisch die Lage verbessere und nicht verschlechtere.
Bevölkerung besser informieren
Trotzdem ziehe er für die Krankenhausreform daraus die Lehre, dass die Bevölkerung besser informiert werden müsse, warum Wandel notwendig sei und was in den nächsten Jahren auf die Gesellschaft zukomme, so Lullmann.
Dem pflichtete Erika Raab, Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau und Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling, bei. Auf die Bedenken von Teilen der Bevölkerung bezüglich der Versorgung in der Fläche und unter Umständen weiteren Anfahrtswegen müsse man eingehen und entsprechende Sorgen nehmen.
„Ganz große Sorgen“ mache sie sich bei der Thematik der Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten. Raab sieht bei diesem Aspekt noch große Fragezeichen, ob und wie dies in einer neu strukturierten Krankenhauslandschaft „aus einer Hand“ möglich sein wird. Hier sei dann auch die Bundesärztekammer (BÄK) gefragt, sagte er.
Den Aspekt der Entbürokratisierung sieht Raab noch nicht ausreichend in den Eckpunkten abgebildet. Vielmehr lasse die Komplexität ein Mehr an Bürokratie erwarten. Schon jetzt müssten die Krankenhäuser etwa 25 Prozent der Arbeitszeit für Verwaltungsarbeiten und Qualitätsdokumentation aufwenden.
Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG, sprach von einem „spannenden Prozess“, der nun in eine neue Phase trete. Ihrer Einschätzung nach wird der möglichst gleichwertige Zugang zur medizinischen Versorgung auf Ortsebene über den Erfolg der Reform entscheiden.
In diesem Zusammenhang warnte sie vor einem „Flächenbrand“, sollte vor dem Greifen der Krankenhausreform ein kalter Strukturwandel erfolgen. Da keine Analyse vorliege, welche Standorte künftig noch als systemrelevant betrachtet würden, brauche es eine Übergangsfinanzierung zur Absicherung, so Neumeyer.
Auch Lullman zeigte sich angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser besorgt. In seinem Klinikverbund erwarte er ein Defizit in Millionenhöhe – trotz bereits zurückgefahrener Instandhaltung und Reinvestition. Es sei völlig klar, dass man mehr Geld brauche, um über die nächsten zwei bis drei Jahre zu kommen. Von politischer Seite Krankenhausinsolvenzen zu akzeptieren, halte er für „fatal“.
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