Politik

Scheitert die Videosprechstunde am Honorar?

  • Dienstag, 7. Februar 2017
Uploaded: 07.02.2017 16:46:44 by maybaum
/dpa

Berlin – Videosprechstunden sollen künftig als neues Element in die Versorgung von ge­setzlich Kran­kenver­si­cherten eingebunden werden. Nun könnte die politische Initiative von Bundes­gesundheitsminister Her­mann Gröhe (CDU) allerdings noch auf den letzten Metern an der Honorierung der Ärzte scheitern.

Informationen des Bundesverbandes Internetmedizin (BIM) zufolge sieht ein aktueller Be­schlussentwurf des Bewertungsausschusses, in dem die Kassenärzt­li­che Bundesver­eini­gung (KBV) und der GKV-Spitzen­verband derzeit über die Vergütung für die Leistung ver­handeln, eine Ho­norierung von 137 Punkten vor. Das entspräche einem Erlös von 14,43 Euro. Von offi­zieller Seite konnten diese Zahlen bis­lang nicht bestätigt werden. Die KBV verwies auf Rückfrage des Deutschen Ärzteblatts auf die laufenden Verhandlun­gen.

Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) bezeichnete die Pläne den­noch bereits jetzt als einen „Schlag ins Gesicht der – vor allem auf dem Lande wegen Ärztemangel – unterversorgten Patienten“. Die offenbar geplante Leistungsbewertung liege erheblich unter dem kalkulierten Ansatz des zwischen BVDD und Techniker Kran­ken­kasse vereinbarten und bereits laufenden Selektivvertrags zur Erprobung der Online-Videosprechstunden für Hautpatienten, monierte der BVDD. „Der Vorschlag enttäuscht alle, die sich für eine flächendeckende Nutzung neuer Medien in der Patientenver­sor­gung einsetzen“, unterstrich BVDD-Sprecher Ralf Blumenthal.

Auch aus Sicht des BIM steht die möglicherweise geplante Bewertung der Videosprech­stunde in keiner sinnvollen Relation zu der ärztlichen Leistung, die damit erbracht werde. „Heutige und künftige Möglichkeiten der Medizintechnik werden dazu füh­ren, dass Un­ter­suchungen, wie zum Beispiel die Messung der Herz- und Lungenfunk­ti­on, online unter ärzt­licher Aufsicht durchgeführt und befundet werden können“, so der Verband. Die ab­sehbare Gleichstellung von konventioneller und digital unterstützter Sprechstunde müs­se deshalb in einer adäquat höheren Vergütung abgebildet werden, fordert der BIM.

Der Verband echauffiert sich aber nicht nur über die eventuell geplante Vergütung. Er bemängelt obendrein, dass eine Deckelung der ärztlichen Leistung auf maximal 17,5 Vi­deo­sprechstunden pro Quartal und Praxis geplant sein soll. Dies bedeute rein rechne­risch, dass ein Patient jeden hundertsten Arzt­kontakt online durchführen und somit sta­tistisch gesehen etwa alle elf Jahre die Mög­lichkeit einer Online-Videosprechstunde be­kommen könnte, heißt es aus dem Verband.

„Die Beschlussfassung zeugt einmal mehr von der Digitalphobie des Deutschen Ge­sund­heitswesens“, erklärte Verbandsvorstand Markus Müschenich. Dadurch würde nicht nur die Chance einer flächendeckenden Versorgung immobiler Patienten eingeschränkt, sondern auch die Möglichkeit, Infektionskrankheiten online und somit ohne die Gefähr­dung der Infektionsübertragung im Wartezimmer zu behandeln, weitestgehend ignoriert.

Der BVDD rief die Vertreter der KBV im Bewertungsausschuss dazu auf, der Beschluss­vor­lage in dieser Form nicht zuzustimmen und stattdessen „jede Art der praxisbezo­ge­nen Budge­tierung für diese innovative Leistung zu streichen“.

hil/sb

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