Schlechte Finanzlage vieler Kliniken hausgemacht

Düsseldorf – Obwohl Krankenhäuser immer wieder ihre Finanzsituation bemängeln und den Ländern eine mangelnde Investitionskostenfinanzierung vorwerfen, gibt es bei der Rechnungslegung offenbar erhebliche Defizite in den Häusern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Kennzahlen von über 100 deutschen Krankenhäusern durch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.
Zwei zentrale Ergebnisse: Die Kosten öffentlicher Krankenhäuser liegen deutlich über denen privater Kliniken. Weil Rechnungen nicht zeitnah erstellt und versendet werden, verzichten deutsche Krankenhäuser jährlich auf 5,3 Milliarden Euro Liquidität.
Der PwC-Untersuchung zufolge lagen in öffentlichen Kliniken die Ausgaben für Personal und Material 2015 bei durchschnittlich 95 Prozent des Umsatzes. Nicht nur die privaten, sondern auch die kirchlichen Krankenhäuser arbeiteten deutlich effizienter. Bei ihnen betrug der Aufwand für Personal und Material nur 88 beziehungsweise 89 Prozent. „Von 1.000 Euro für die Behandlung von Patienten verblieben öffentlichen Häusern 50 Euro, um beispielsweise Instandhaltungen vorzunehmen. Bei nicht öffentlichen Häusern waren dies im Schnitt mehr als 100 Euro“, schreibt PwC.
Cash-Management ungenügend
Da die staatliche Investitionsfinanzierung schon lange nicht mehr den tatsächlichen Investitionsbedarf deckt, müssen die Krankenhäuser einen großen Anteil der notwendigen Investitionen selbst finanzieren. Dazu reichen die eigenen Mittel bei Weitem nicht aus und die Abhängigkeit von außenstehenden Geldgebern sei groß, stellt die Unternehmensberatung fest. Laut PwC finanzierten die öffentlichen Krankenhäuser rund 43 Prozent ihres Geschäfts mit Fremdkapital (Bank- oder Gesellschafterdarlehen). Die privaten Kliniken kamen mit 32,6 Prozent, die kirchlichen mit 31,2 Prozent aus.
Bei dieser hohen Abhängigkeit von finanziellen Mitteln sei es „umso erstaunlicher“, dass die Krankenhäuser das eigene Cash-Management bei anstehenden Managementaufgaben nicht an die Spitze ihrer Prioritätenliste stellen, wundern sich die PwC-Autoren. Michael Burkhart, Leiter des PwC-Bereichs Gesundheitswesen & Pharma, verwies auf die „Days Sales Outstanding“ (DSO) – das ist die Kennziffer, die beschreibt, wie lange die Krankenhausverwaltungen benötigen, um ihre Forderungen gegenüber den Krankenkassen zu Geld zu machen. Während bei deutschen Unternehmen der durchschnittliche Wert aktuell bei rund 33 Tagen liegt, fällt die DSO im Krankenhausbereich mit rund 48 Tagen deutlich höher aus. Bei öffentlichen Krankenhäusern liegt diese Kennzahl sogar bei knapp 60 Tagen.
Zinsloses Darlehen für die Krankenkassen
„Auf den ersten Blick mag das undramatisch aussehen“, sagte Burkhart. Tatsächlich verberge sich dahinter aber eine „wesentliche Erklärung, warum viele öffentliche Krankenhäuser immer wieder in Liquiditätsschwierigkeiten geraten und auf Darlehen von Banken oder vom Gesellschafter angewiesen sind“.
Die Allgemeinkliniken in Deutschland verzichten laut Untersuchung auf dieses Weise jedes Jahr auf 5,3 Milliarden Euro an Liquidität. Zwar erhielten die Kliniken das Geld in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt, müssten aber bis dahin Zinsen auf Kredite zahlen. Betrachte man das einzelne Krankenhaus, verzichte dieses aufgrund eigener Defizite im Abrechnungsablauf auf eine jahresdurchschnittliche Liquidität von rund 2,7 Millionen Euro, rechnet PwC vor. Damit gäben die Krankenhäuser den Krankenkassen ein zinsloses Darlehen, wobei sie sich zinstragend bei Banken oder Gesellschaftern refinanzierten.
PwC verwies zwar auch darauf, dass ein Grund für die Refinanzierung vieler Häuser durch Banken an der Zahlungsmoral von Krankenkassen liege. Die unterschiedlichen Zeiträume bei verschiedenen Trägern zeigten aber dennoch ein hausgemachtes Problem. „Tatsächlich sind die dahinter stehenden Prozesse noch immer so manuell und langsam, dass die Rechnungen regelmäßig zu spät erstellt werden“, sagte Burkhart. Problematisch dabei sei, dass die erbrachten Umsätze zutreffenderweise bereits buchhalterisch erfasst seien, die Rechnungen aber noch nicht erstellt seien und damit den Krankenkassen auch noch nicht vorlägen.
„Unser Eindruck ist, dass häufig der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird“, erklärte Burkhard. Überall werde gebaut oder renoviert und vielerorts würden sich kommunale Träger zu größeren Verbünden zusammenschließen. Es sei zwar grundsätzlich sinnvoll, über größere Einheiten nachzudenken. Allerdings werde „zu wenig Augenmerk darauf gelegt, die internen Abläufe in der Verwaltung zu optimieren und ein Kennzahlensystem in der Verwaltung zu implementieren“, sagte er.
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