SPD will eigene Finanzierung für die Pädiatrie

Berlin – Die SPD fordert eine Herausnahme der Pädiatrie aus dem System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG). Das geht aus einem Positionspapier zur Kinder- und Jugendmedizin hervor, das das Präsidium des SPD-Parteivorstands heute beschlossen hat.
Für Kinderkliniken müsse eine eigene Finanzierungsgrundlage geschaffen werden, heißt es darin. Zudem müssten 13 Prozent der Mittel aus dem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ für Kinderkliniken verwendet werden. Anfang Juni hatte sich die Bundesregierung auf dieses Programm geeinigt, mit dem der Strukturfonds um drei Milliarden Euro erweitert werden soll.
Darüber hinaus enthält das Positionspapier Forderungen nach sicheren Medikamenten für die besonderen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen sowie den Aufbau eines Kompetenznetzes für Forschung und Kooperation im Bereich der Kindergesundheit.
„Der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen wird aktuell leider nicht die Aufmerksamkeit entgegengebracht, die eigentlich notwendig wäre, um eine gute und lückenlose Versorgung zu gewährleisten“, erklärte die Berichterstatterin für Kinder- und Jugendmedizin der SPD, Martina Stamm-Fibich.
„In dieser prekären Situation begrüße ich deshalb ausdrücklich, dass das Präsidium nun einen Beschluss zur Kinder- und Jugendgesundheit vorgelegt hat, das Lösungsansätze für die aktuellen Probleme aufzeigt.“
Mix aus Grundfinanzierung und Strukturzuschlägen
Auch die Bundesvorsitzende der SPD, Saskia Esken, sowie die Spitzenkandidatin der SPD Sachsen-Anhalt für die Landtagswahlen 2021, Katja Pähle, bekräftigten heute in Berlin die Forderungen aus dem Positionspapier.
Esken forderte, dass der Anteil der Kinder- und Jugendmedizin an dem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ auf den Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung von derzeit rund 13 Prozent angehoben wird. Pähle wies darauf hin, dass Behandlungen von Kindern häufig aufwändiger seien als von Erwachsenen. Auch gebe es in Kinderkliniken einen höheren Betreuungsaufwand.
Die SPD-Politikerinnen kritisierten in diesem Zusammenhang das DRG-System, das diesen Mehraufwand nicht berücksichtige. Pähle forderte stattdessen einen Mix aus einer Grundfinanzierung und Strukturzuschlägen für den ländlichen Raum. „Kinder brauchen eine individuelle Versorgung“, sagte sie. „Dieser Bereich darf dem Kostendruck nicht unterworfen werden.“ Und Esken betonte: „Höhere Fallpauschalen allein würden nicht helfen.“
„Die Kinder- und Jugendmedizin ist in ihrer Gesamtheit der komplexeste medizinische Fachbereich überhaupt“, heißt es in dem Beschluss des SPD-Präsidiums. „Gerade in ländlichen Räumen müssen wir aber feststellen, dass eine hochwertige Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche nicht mehr in allen Regionen eine Selbstverständlichkeit darstellt. Krankenhäuser seien von der Schließung bedroht, weil sie sich nicht ‚rechnen‘“, kritisieren die Sozialdemokraten. Dem solle die Änderung der Finanzierungsregeln entgegenwirken.
Mecklenburg-Vorpommern bringt Antrag in den Bundesrat
Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat heute zudem eine Bundesratsinitiative zur besseren Finanzierung von Kinder- und Jugendstationen in deutschen Krankenhäusern beschlossen. Diese soll am 18. September in der Länderkammer besprochen werden, wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in Schwerin sagte.
Seit Jahren hätten Kinder- und Jugendstationen vor allem im ländlichen Raum finanzielle Schwierigkeiten. Die Fallpauschalen, mit denen Kliniken ihre Behandlungsfälle vergütet bekommen, hätten sich in diesem Bereich nicht bewährt. Ein besseres Finanzierungssystem sei nötig, damit die klinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen flächendeckend sichergestellt werden könne.
Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (bvkj) unterstützt diese Forderung. „Die Abschaffung der Fallpauschalen ist ein wichtiges Instrument, um das Sterben der Kinderkliniken zu verhindern und vor allem im ländlichen Raum die stationäre medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen aufrecht zu erhalten“, erklärte bvkj-Präsident Thomas Fischbach.
„Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen darf nicht zum Spielball von Investoren werden“, so Fischbach weiter. „Sie muss staatlich geschützt werden und dafür ist der Schwesig-Vorstoß geeignet.“
Jetzt hoffe man, dass die Gesundheitsminister der Länder dem Vorschlag folgten und sich auf ein tragfähiges Finanzkonzept einigten, das die Besonderheiten von Kinderkliniken berücksichtigt und ihr Überleben garantiere. „Dieses Konzept muss zum Beispiel den besonders großen Aufwand an Zeit, Personal und Material berücksichtigen, den Kinderkliniken brauchen“, so Fischbach.
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