Tarifverhandlungen für Klinikärzte vorzeitig abgebrochen, Streik droht

Berlin – Eigentlich waren drei Tage vorgesehen, aber bereits heute ist die fünfte Runde der Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund (MB) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ohne Einigung abgebrochen worden.
Die Ärztegewerkschaft sieht darin einen Affront der Arbeitgeber. Sie erklärte heute nach dem Ende der Gespräche. die VKA habe „eigene Überlegungen zur Regelung der Schicht- und Wechselschicht“ kassiert und der Verhandlungskommission des Marburger Bundes ein schriftliches Angebot vorgelegt, „das nur als Provokation verstanden werden“ könne.
„Wir fordern nichts, was für die Kliniken nicht auch verkraftbar wäre. Kompromisse sind aber nur möglich, wenn die Gegenseite auch verhandlungsbereit ist“, sagte MB-Verhandlungsführer Christian Twardy. Man müsse konstatieren, dass diese Bereitschaft auf Seiten der Arbeitgeber in dieser und den zurückliegenden Verhandlungsrunden nicht vorhanden gewesen sei.
„Die VKA hat in diesen Verhandlungen eine veritable Rolle rückwärts hingelegt“, sagte Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes. Das Angebot liege weit unter dem, was der MB gefordert habe und spare das Thema Schicht- und Wechselschicht komplett aus.
Anders als in der letzten Runde diskutiert und von der VKA selbst auch öffentlich bekundet, würden die Arbeitgeber nun keinerlei Veränderung mehr bei den besonders belastenden Dienstmodellen anbieten. „Diese Unredlichkeit in einer für diese Verhandlungen zentralen Frage ist ein eklatanter Vertrauensbruch. Wir werden deshalb in unserer Großen Tarifkommission das weitere Vorgehen beraten“, so Botzlar.
Die Große Tarifkommission des Marburger Bundes will bereits am morgigen Samstagnachmittag um 14 Uhr zu einer Sondersitzung zusammentreffen. Dabei dürfte auch über anstehende Streiks gesprochen werden. Rein formal werde morgen über den Abbruch der Tarifverhandlungen entschieden und damit gegebenenfalls eine Urabstimmung für Streiks eingeleitet, sagte ein Sprecher dem Deutschen Ärzteblatt.
„Dass der Marburger Bund auf seinen Maximalforderungen beharrt, ist in Anbetracht der historisch schwierigen finanziellen Lage der kommunalen Krankenhäuser nicht nachvollziehbar und lässt uns ratlos zurück“, fasst Dirk Köcher, Verhandlungsführer der VKA und Kaufmännischer Direktor des Städtischen Klinikums Dresden, zusammen.
Trotz prekärer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen habe man einen attraktiven Vorschlag unterbreitet. Man habe dem MB die prekäre Finanzlage der Kliniken von Anfang an transparent dargelegt. „Jeder am Verhandlungstisch weiß also, in welchen Rahmenbedingungen wir uns bewegen müssen. Die Blockadehaltung der Ärztegewerkschaft ist deshalb durch nichts zu rechtfertigen“, so Köcher.
Die VKA bietet dem MB zufolge primär eine tabellenwirksame Gehaltserhöhung um 2,0 Prozent zum 1. April 2025 an, eine zweite zum 1. April 2026, ebenfalls um 2,0 Prozent. Zum 1. Dezember 2026 sollen die Gehälter abschließend um 1,5 Prozent steigen.
Für den Zeitraum seit Juli dieses Jahres, dem Beginn der Laufzeit des aktuellen Entgelttarifvertrages, bis zur ersten linearen Gehaltserhöhung bietet die VKA eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro an. Die Gesamtlaufzeit beträgt nach Vorstellungen der Arbeitgeberseite 30 Monate.
Der MB fordert insbesondere die Einführung eines neues Systems der sogenannten Schicht und Wechselschicht, eine lineare Erhöhung der Gehälter um 8,5 Prozent und zusätzlich finanzielle Verbesserungen bei Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft.
Der mit der VKA verhandelte Tarifvertrag findet bundesweit Anwendung auf rund 60.000 Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern mit Ausnahme der Vivantes-Kliniken in Berlin und anderen Kliniken, für die Haustarifverträge gelten.
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