Umfrage Junge Ärzte: Mangelnde Lehre in der Weiterbildung führt zu Überforderung und Frustration

Mainz – Ökonomischer Druck in den Kliniken und eine fehlende gesonderte Finanzierung von Lehre stehen einer guten ärztlichen Weiterbildung oftmals im Wege. Dies beklagten viele Teilnehmende gestern beim „Dialogforum mit jungen Ärztinnen und Ärzten“ im Vorfeld des 128. Deutschen Ärztetages in Mainz.
Weiterzubildende würden von Klinikleitungen häufig nur als günstige ärztliche Arbeitskraft gesehen. „Es gibt keinen Raum für ärztliche Weiterbildung, sondern nur die tägliche Arbeit mit Situationen, die junge Kolleginnen und Kollegen überfordern“, brachte es Podiumsteilnehmerin Sarah Woldu, Ärztin in Weiterbildung Gynäkologie aus Köln, auf den Punkt.
„Wir wollen gute Fachärztinnen und -ärzte werden“, sagte auch Podiumsteilnehmerin Constanze Weber, Ärztin in Weiterbildung Neurologie aus Dresden. Dazu müsse man angstfrei lernen können. Schwierige Dienstsituationen sollten in strukturierten Weiterbildungsgesprächen optimalerweise thematisiert werden. In der Realität einer ökonomiegetriebenen Gesundheitsversorgung fehle dazu jedoch meist die Zeit.
Eine Aufgabe der Zukunft sei es daher, die Finanzierung der Weiterbildung zu sichern, beispielsweise durch einen Weiterbildungsfonds, meinten viele junge Ärztinnen und Ärzte im Laufe der Diskussion. Dies würde für die Weiterzubildenden gleichzeitig mehr Wertschätzung bedeuten, die sie auch verdienten.
Das Deutsche Ärzteblatt sprach am Rande des Dialogforums mit jungen Ärztinnen und Ärzten über Druck, Zeitmangel und Ängste.
David van Rooyen (35), Arzt in Weiterbildung Innere Medizin, Winnenden

Als Arzt in Weiterbildung stört mich besonders der finanzielle Druck, der von den Klinikleitungen auf uns ausgeübt wird. Dies führt im Alltag unter anderem dazu, dass eigentlich vereinbarte Rotationen nicht eingehalten werden, sondern je nach Personalbedarf umgesetzt werden.
Ich wünsche mir diesbezüglich mehr Verbindlichkeit und mehr Wertschätzung gegenüber den jungen Ärzten und Ärzten in Weiterbildung.
Eva See (34), Ärztin in Weiterbildung Radiologie, Bad Nauheim

Oft wird auf die Facharztkompetenz gemäß Musterweiterbildungsordnung verwiesen. Da steht, dass Ärzte und Ärztinnen ihren Beruf gewissenhaft auszuüben haben.
Das Gewissen führt bei einigen jungen Kolleginnen und Kollegen jedoch dazu, dass sie in der Hoffnung auf bessere Arbeitsbedingungen zunächst die Abteilung, dann die Fachrichtung oder später vielleicht sogar das Land wechseln, weil sie sich im Alltag nicht ausreichend weitergebildet fühlen.
Stattdessen fühlen sie sich im Dienst oft alleine gelassen und verzweifeln an dem Dilemma, in dem sie sich befinden: Sie stehen zwischen ihrem Ideal einer guten Patientenversorgung und Patientensicherheit auf der einen Seite und den strukturellen Bedingungen im deutschen Gesundheitswesen auf der anderen Seite.
Fabian Landsberg (26), Arzt in Weiterbildung Pädiatrie, Bonn

In der Weiterbildung fehlt es oft an dem Wichtigsten, nämlich an der Zeit. Viele Ärztinnen und Ärzte haben Lust, junge Kolleginnen und Kollegen gut weiterzubilden, aber das System ist so eng genäht, dass ihnen kaum Zeit für Weiterbildung und Fortbildung bleibt.
Deshalb schließen wir uns als Weiterzubildende zusammen und versuchen auf diese Weise Lehre zu realisieren. Doch dies reicht nicht aus. Wir brauchen ein festes Zeitkontingent für die Lehre in der Weiterbildung – und dieses muss auch finanziert werden, beispielsweise über einen Weiterbildungsfonds.
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