Ärzteschaft

Weiterbildung: Weitere Reformen ja, Quotierung nein

  • Freitag, 10. Mai 2024
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Mainz – Die ärztliche Weiterbildung darf nicht durch Interessen anderer Akteure im Gesundheitswesen quotiert oder gesteuert werden. „Ebenso wird jede Vorgabe von Dritten für Ärztinnen und Ärzte in der Wahl ihrer Facharztweiterbildung abgelehnt“, beschlossen die Delegierten des 128. Deutschen Ärztetages in Mainz heute.

Die Landesärztekammern sind durch die Heilberufe- und Kammergesetze der Bundesländer mit der Gestaltung der Weitebil­dung beauftragt, betonten die Delegierten. Hintergrund ist das Gutachten des Sachverständigenrates Gesundheit und Pflege (SVR), der in seinem aktuellen Gutachten unter anderem eine Quotierung der Weiterbildung in einzelnen Fächern vorgeschla­gen hatte.

Ebenso fordern die Delegierten, die Weiterbildung besser zwischen ambulanter und stationärer Versorgung verknüpfen zu können. Dafür wird die Bundesregierung aufgefordert, „die gesetzlichen Hürden für eine sektorenverbindene ärztliche Weiter­bildung zu beseitigen und eine suffiziente finanzielle Förderung im stationären und auch ambulanten Bereich zu etablieren“, hieß es in einem Antrag, der mit 191 Stimmen angenommen wurde. In einem weiteren Tagesordnungspunkt debattierten die Delegierten in Mainz auch über künftige Finanzierungsmodelle.

Ebenso fordern die Delegierten des Ärztetages die Landesärztekammern auf, „alle Weiterbildungsbefugten zur Teilnahme an einem Seminar zur formalen und medizindidaktischen Fortbildung“ in der Weiterbildung zu verpflichten. Diesen Antrag gab es bereits in der Debatte vorgestern: Zu dem Zeitpunkt hatten die Delegierten den Antrag noch knapp abgelehnt, da eine zeitli­che Verpflichtung für die Seminare ab 2025 enthalten war. Die Antragsstellerin Friederike Bennett aus Berlin bedankte sich, dass es hier über Kammern und Listen hinweg eine gute Zusammenarbeit gegeben habe, um dieses Thema einzubringen.

Die Debatte um die Zukunft der Weiterbildung fand auf dem 128. Deutschen Ärztetag an drei Tagen statt: So wurde gestern beschlossen, dass Weiterbildungen bundesweit auch ohne gesonderte Anträge in Teilzeit möglich sein soll.

Vorgestern beschlossen die Delegierten, dass die zuständige Ständige Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ grundsätzlich den eingeschlagenen Weg der Reform der Weiterbildung weiter gehen soll. So müsse die Bildungssystematik geschärft und die (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) verschlankt werden, erklärte Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schles­wig-Holstein und Co-Vorsitzender der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der Bundesärztekammer (BÄK) gestern auf dem 128. Deutschen Ärztetag.

Die Weiterbildungsqualifikationen müssten zudem an künftige An- und Herausforderungen besser angepasst werden. Dies sei vor dem Hintergrund der immer komplexer werdenden Medizin wichtig, betonte Herrmann.

Auch Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin, sprach sich für die Verschlankung der Weiter­bildungsordnung aus. Ver­waltungsprozesse müssten zudem beschleunigt werden, betonte er. Eigentlich müsste die Ärzteschaft hier schon weiter sein, bemängelte Bobbert. „Unsere aktuelle (Muster-)Weiterbildungs­ordnung beinhaltet 465 Seiten, definiert 53 Facharztbezeich­nungen, zehn Schwerpunktbezeichnungen und 56 Zusatzweiterbildungen“, sagte Bobbert. „Da ist Raum für Verschlankung und genau diese brauchen wir.“

Die Delegierten stimmten über entsprechende Anträge ab. So sprachen sie sich für einen Antrag aus, der für eine bessere Übersichtlichkeit über die 56 bestehenden medizinischen Zusatzweiterbildungen sorgen soll. So soll die Bundesärztekammer künftig alle Zusatzweiterbildungen in drei Kategorien einsortieren.

„C1“ würde eine typische vollberufliche Weiterbildung bedeuten, die fast wie eine Facharztweiterbildung zu erlangen wäre, erklärte Herrmann. Unter die Kategorie „C2“ würde eine berufsbegleitende Weiterbildung fallen, die keine vorgegebene Zeit hat und für die eine Prüfung abgelegt werden muss. Die letzte Stufe „C3“ solle eine Kursweiterbildung beinhalten mit anschließender Lernerfolgskontrolle bedeuten, so Herrmann.

Ziel ist, dass Weiterzubildende und Weiterbildungsbefugte auf einen Blick sehen können, was sich hinter einer Zusatzweiter­bil­dung verbirgt. Auch für die Verwaltung der Landesärztekammern soll diese Einordnung Erleichterung bringen, so Herrmann. Die BÄK werde die Zusatzqualifikationen in die entsprechenden Kategorien einsortieren und diese dem nächsten Deutschen Ärztetag in Leipzig 2025 zur Abstimmung vorlegen, kündigte Herrmann an.

Auch mit dem Thema Weiterbildungsverbünde beschäftigte sich der Ärztetag. Junge Ärztinnen und Ärzte hatten im Vorfeld des Ärztetages einfachere Rotationsmöglichkeiten etwa im Rahmen von Weiterbildungsverbünden zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich gefordert. Hier wurde der Vorstand der BÄK aufgefordert, zu prüfen, „ob und inwieweit das Erstellen von Musterverträgen zur Unterstützung von Verbundweiterbildung sinnvoll und realisierbar ist.“ Falls ja, soll die BÄK den Landesärztekammern diese Musterverträge zur Verfügung stellen.

Grundsätzlich wurde betont, dass die ärztliche Weiterbildung sektorenverbindend möglich werden muss – besonders das Thema Arbeitnehmerüberlassung müsse beachtet werden. Gehle von der Ständigen Kommission „Ärztliche Weiterbildung“ entkräftete Sorgen von Delegierten, dass Krankenhäuser künftig bestimmen, wann welche Ärztinnen und Ärzte in Weiter­bildung in die Praxen kommen und wieder zurück in die Kliniken gehen. Diese Steuerung könnten die Kammern übernehmen, nicht die Krankenhäuser, so Gehle.

Ein Antrag, der die BÄK beauftragen wollte, bis zum kommenden Ärztetag ein Konzept für Befugniskriterien zu erarbeiten, die sicherstellen sollen, dass kombiniert ambulant-stationäre Weiterbildungsverbünde für diejenigen Gebiete, in denen ambulante Versorgung stattfindet, gefördert werden, wurde hingegen an den Vorstand überwiesen.

Derzeit gebe es nur wenige Weiterbildungsverbünde, die zwischen Krankenhäusern und vertragsärztlichen Praxen existieren, bemängelte Sabine Köhler aus Thüringen. Das sei problematisch, denn die jungen Mediziner gingen meist in die Kliniken, um ihre Weiterbildung zu starten, bräuchten aber auch die Erfahrung im ambulanten Bereich, um einfache Fälle kennenzulernen.

Die Delegierten sprachen sich zudem vorgestern dafür aus, dass die Zusatzweiterbildung Transplanta­tionsmedizin für Fachärz­tinnen und Fachärzte für Anästhesiologie ermöglicht werden soll. Damit soll die Versorgung der betroffenen Patientengruppe gestärkt werden. Viele Ärztekammern haben die ZWB Transplantationsmedizin bereits eingeführt, sagte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vorsitzender der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der BÄK, Johannes Albert Gehle, im Vorfeld der Abstimmung. Die Änderung sorge aber für eine bundesweite Vereinheitlichung. Die Umsetzung soll zum 30. Juni 2024 in der MWBO der BÄK erfolgen.

Zum eLogbuch erklärte Herrmann, dass die Nutzerzahlen ansteigen würden. Allerdings nutzten manche Weiterzubildende auch zwei Logbücher. Zum Stand April 2024 würden 75.312 Weiterzubildende das eLogbuch nutzen. Bei den Weiterbildungsbefug­ten seien es 71.192. Neu am eLogbuch sei, dass Weiterbildungespräche nun abgebildet werden könnten. Bei entsprechender Dokumentation könnte das eLogbuch helfen, so Herrmann. Außerdem können in den eLogbüchern nun Weiterbildungsbefugte gesucht werden.

Zu einem Antrag, der die Nutzerfreundlichkeit des eLogbuchs fördern soll, konnten sich die Delegierten nicht durchringen und verwiesen diesen an den Vorstand der Bundesärztekammer zur Befassung. Gleiches gilt für einen Antrag, der die BÄK auffor­der­te, eine bundesweite Befragung von Weiterzubildenden zum eLogbuch durchzuführen. Eine Befragung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht dienlich, argumentierte Rüdiger Smektala aus Westfalen-Lippe. Sie würde Arbeitskräfte erforderlich machen, die man an anderer Stelle nicht habe.

Auch die Forderung, zügig eine Weiterbildungsevaluation nach Vorbild der norddeutschen Kammern (zu diesem sogenannten „Nordverbund“ gehören die Kammern Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein, Schleswig-Holstein, Sachsen) grundsätzlich auch für die anderen zehn Kammern durchzuführen, wurde an den Vorstand überwiesen.

bee/cmk

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