Unterschiedliche Bewertungen von Finanzhilfen für Krankenhäuser

Berlin – Gegensätzliche Einschätzungen über finanzielle Hilfen für die Krankenhäuser und der sich in Arbeit befindenden Krankenhausreform wurden heute im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses geäußert. Während sich Krankenhausverbände für die Bereitstellung entsprechender Finanzmittel stark machten, lehnten die als Sachverständigen geladenen Mediziner und Gesundheitsexperten eine pauschale Hilfe ab.
Anlass der Anhörung waren Anträge von CDU/CSU und Linke, die jeweils ein Vorschaltgesetz vor der geplanten Krankenhausreform und damit eine umfangreiche finanzielle Absicherung der Häuser fordern. Sowohl die Unionsfraktion als auch die Linke machen in ihren Anträgen keine Angaben zu den zu erwartenden Gesamtkosten.
Man sei auf eine Refinanzierung der inflationsbedingten Kostensteigerungen durch den Bund angewiesen, betont der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) in seiner Stellungnahme. Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des BDPK, sagte in der Anhörung, die aktuelle Unterfinanzierung müsse dringend angegangen werden.
Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), verwies darauf, dass der mit der Reform angestrebte grundlegende Wandel in der Krankenhausplanung und -finanzierung für viele Krankenhäuser angesichts der Finanzierungslücke von Kosten und Erlösen zu spät kommen werde. Liquiditätshilfen, die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereits in die Umsetzung gegeben hat, könnten die strukturellen Probleme nicht lösen – deshalb unterstütze man politische Initiativen für zusätzliche Maßnahmen.
Ähnlich argumentierten auch der Katholische Krankenhausverband Deutschland (KKVD) sowie der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV). Man müsse den Übergang so gestalten, dass mit jetzt bestehenden Strukturen in die Reform gestartet werden kann, so Gaß.
Dem widersprach unter anderem Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission Krankenhaus. Eine pauschale Vergabe von Geldern sei abzulehnen. Die Tatsache, dass es mit dem Ende der Coronapandemie zu keinem relevanten Wiederanstieg der Fallzahlen kam, verdeutliche, dass im deutschen Krankenhaussystem erhebliche Überkapazitäten vorgehalten werden, die in dieser Form nicht mehr benötigt würden. Letztlich nicht benötigte Kapazitäten, die sich auch perspektivisch wirtschaftlich nicht werden tragen könnten, sollten nicht mit zusätzlichem Geld artifiziell aufrechterhalten werden.
Ziel müsse ein in sich tragfähiges Krankenhaussystem sein, das nicht nur dann stabilisiert werden könne, wenn kontinuierlich höhere Mittel hineingegeben würden, so Bschor. Sinnvoller als ein ungezielter Ausgleich von Defiziten ist aus seiner Sicht die Verbesserung der Liquidität der Krankenhäuser sowie eine gezielte Förderung ausgewählter Krankenhausstandorte durch die Bundesländer. Diese seien „durchaus in der Lage“, Gelder gezielt zu steuern. Bschor verwies darauf, dass die Länder großen Wert auf ihre Planungshoheit legten – dann müssten sie aber auch Verantwortung wahrnehmen.
Diese Argumentation stützte Gesundheitsökonom Boris Augurzky. Zusätzliche Mittel für die Krankenhäuser sollten an Verbesserungen der Systemeffizienz gekoppelt werden. Andernfalls bestünde kaum Druck auf die Träger, Veränderungsprozesse anzustoßen. Analysen würden zeigen, dass sich das Zielbild bei Strukturoptimierungen in Richtung 25 Prozent weniger Betten bewegen müsse.
Eine kalte Strukturbereinigung ließe sich laut Augurzky durch Hilfsfonds für versorgungsnotwendige Häuser sowie eine deutliche Erhöhung der Investitionsfördermittel der Länder – in seiner Stellungnahme wird ein Aufwuchs von 60 Prozent genannt – vermeiden.
Der Intensivmediziner und Pneumologe Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus, bezeichnete eine stärkere Zentralisierung in der Krankenhauslandschaft als „absoluten Schlüssel“, um aus der Grundproblematik von sinkenden Fallzahlen, Personalmangel und zu geringen Investitionen herauszukommen.
Ein „Transformationsfonds“ könne helfen, den Krankenhausbereich nachhaltig zu verändern, so Karagiannidis. Dies sei sinnvoller als ein Vorschaltgesetz. In einem Konzentrationsprozess sieht er viel Potenzial – und zwar „ohne Versorgungseinschränkungen“.
„Nur in Verbindung mit Strukturveränderungen, die eine Antwort auf die Demografie geben und deren Ergebnis auch in einigen Jahren noch Bestand haben, sind zusätzliche Finanzmittel für Krankenhäuser zu rechtfertigen“, unterstrich Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD).
Kurzfristige Finanzspritzen, die keine Antwort auf die Folgen der Überalterung der Gesellschaft und den Fachkräftemangel liefern würden, seien auch angesichts der Haushaltslage kein zielführendes Mittel, so Scholz. Man müsse die Versorgungsstrukturen neu ausrichten und die Qualität der Versorgung in den Mittelpunkt rücken – hier gelte es, zielgerichtet zu investieren.
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