Ärzteschaft

Arztinformations­system: KBV warnt vor Verordnungs­ausschlüssen durch die Hintertür

  • Mittwoch, 15. Februar 2017

Berlin – Das geplante Arztinformationssystem, mit dem Ärztinnen und Ärzte besser über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung bei neuen Arzneimitteln informiert werden sollen, darf Ärzte in ihrer Verordnungsfreiheit nicht einschränken. Das hat der Vor­stands­vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, in einem Schreiben an die Mitglieder des Bundestagsgesundheitsausschusses betont.

Gassen warnte wie bereits in einem früheren Brief an Bundesgesundheitsminister Her­mann Gröhe (CDU) davor, das Arztinformationssystem so auszugestalten, dass es neben der Information über die Ergebnisse der Nutzenbewertung sowie die sichere Anwendung der neuen Arzneimittel auch Hinweise zur wirtschaftlichen Arzneimittelver­ordnung enthält. Für die Ärzte würde das eine verschärfte Regressbedrohung bedeuten, die die ärztliche Verordnungsentscheidung beeinflusse und in vielen Fällen einem Ver­ord­­nungsaus­schluss gleichkomme.

Dieselbe Wirkung hätte es nach Ansicht von Gassen, wenn die Ärzte künftig gezwungen würden, Subgruppen zu kodieren, für die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bei der frühen Nutzenbewertung einen Zusatznutzen festgestellt hat. Diese Forderung hatten die gesetzlichen Krankenkassen erhoben.

Nutzenbewertung bildet therapeutische Realität nicht ab

Es sei unbedingt darauf zu achten, dass aus der Information für die Ärzte nicht „fakti­sche Verordnungsausschlüsse aufgrund von Hinweisen zur Wirtschaftlichkeit oder gar kassen­gesteuerte Verordnungskontrolle mit einer nochmals erheblichen Verschärfung der Re­gressbedrohung der Ärzte und einer Einschränkung der Therapiefreiheit werden“, heißt es dazu auch in einem Positionspapier der KBV zum Arztinformationssystem. Die frühe Nut­zen­bewertung bilde anders als evidenzbasierte Therapieleitlinien die medizi­nisch-thera­peutische Realität nicht vollständig ab, schreibt die KBV dort weiter. Denn sie basiere auf klinischen Studien mit einer hochselektierten Studienpopulation, die häufig im Versor­gungsalltag so nicht anzutreffen sei.

Die KBV fordert zudem, dass Ärzte durch die Softwareanpassungen für das Arztinforma­ti­ons­system nicht mit zusätzlichen Kosten belastet werden dürften. Entweder müssten die Krankenkassen zusätzliche Kosten übernehmen oder es müsse der KBV gesetzlich er­laubt werden, selbst eine geeignete Software zu entwickeln. Diese Forderung hatte der KBV-Vorsitzende Gassen bereits im Zusammenhang mit dem Medikationsplan gestellt, für dessen Implementierung verschiedene Softwarehäuser Gebühren ver­langen.

Die KBV erneuerte in ihrem Positionspapier darüber hinaus ihre alte Forderung, dass Krankenkassen und Pharmaunternehmen mit ihrem verhandelten Erstattungsbetrag nach der Nutzenbewertung die wirtschaftliche Verordnung eines Arzneimittels im gesam­ten Anwendungsgebiet ermöglichen und somit die Notwendigkeit von Wirt­schaftlichkeits­prüfungen überflüssig machen sollen.

Arzneimittelnovelle im parlamentarischen Verfahren

Die Regelungen zum Arztinformationssystem, das der G-BA entwickeln soll, sind Teil des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes, das zurzeit das parlamentarische Verfahren durchläuft. Das Bundesgesundheitsministerium, das den Gesetzentwurf vorgelegt hat, betonte, dass das Arztinformationssystem sowohl Wirtschaftlichkeits­aspekte als auch Informationen darüber enthalten soll, welchen Zusatznutzen ein Präparat für welche Patientengruppe hat.

HK

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