Politik

Gutachten zur Cannabis­legalisierung vergeben

  • Mittwoch, 18. Januar 2023
/The Colonel, stock.adobe.com
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Berlin – Das gemeinnützige Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD Hamburg) hat vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und anderen Ministerien die Aufgabe erhalten, die geplante Legali­sierung von Cannabis in einem Gutachten wissenschaftlich zu beleuchten. Das teilte ein Ministeriumssprecher heute dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage mit.

Das Gutachten soll bis zum 31. März dieses Jahres vorliegen. Der Auftrag wurde Ende des vergangenen Jahres vergeben. Ziel sei es, dem Ministerium rund zwei Wochen vorher die Ergebnisse zu präsentieren, sagte Pro­jekt­leiter Jakob Manthey vom ISD Hamburg dem Deutschen Ärzteblatt auf Nach­frage.

Das Forscherteam, das bereits im Oktober des vergangenen Jahres eine Ausarbeitung zur Cannabislegalisie­rung erstellt hatte, die als Vorlage für die Eckpunkte zur Cannabislegalisierung diente, hat aus den Ministe­rium acht Fragen mit auf den Weg bekommen, die unter diversen Gesichtspunkten beleuchtet werden sollen.

Zur Erinnerung: Das Bundeskabinett hatte Ende Oktober vergangenen Jahres Eckpunkte für die von der Ampel­koalition geplante kontrollierte Abgabe beschlossen. Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen demnach rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.

Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch Apotheken möglich werden. Ein Gesetz will Lauterbach aber nur auf den Weg bringen, wenn die Pläne einer europa- und völkerrechtlichen Prüfung in Brüssel standhalten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will mit dem Gutachten das Koalitionsvorhaben wissenschaftlich untermauern. In vertraulichen Gesprächen mit der EU-Kommission habe sich gezeigt, dass man „sehr gute Argumente“ benötigen werde, um die EU vom eingeschlagenen Weg zu überzeu­gen, hatte der SPD-Politiker im vergangenen November erklärt. Ein Sprecher des Ministeriums sagte heute, man sei mit der Kommission weiterhin in ständigem Austausch.

Das Gutachten soll parallel zum Gesetzentwurf erstellt werden. Die Bundesregierung will den Entwurf dann der EU-Kommission zur grundsätzlichen Billigung des Modells (Notifizie­rung) vorlegen. Wenn es gut laufe, könne der Entwurf in der zweiten Hälfte des Jahres in den Bundestag kommen, sagte Lauterbach Ende des Jahres.

Lauterbach hatte zuletzt deutlich gemacht, dass die Ampelkoalition in Deutschland mit ihrem Vorhaben der Legalisie­rung von Cannabis ihre Ziele erreichen könne. Dazu gehört vor allem, den Schwarzmarkt zurückzu­drängen, den Konsum nicht auszudehnen sowie einen besseren Kinder- und Jugendschutz zu erreichen.

In dem Gutachten sollen genau diese Fragen auch beantwortet werden, wie Manthey erläuterte. In dem Projekt soll konkret der Wissensstand zu den Auswirkungen der Cannabislegalisierung zusammengefasst werden. Dazu soll es einerseits eine systematische Literaturrecherche geben. Darüber hinaus beziehen die Forscher fünf Fachleute aus Kanada, USA, Uruguay und der Schweiz ein. Analysiert werden sollen damit auch die Erfahrungen aus Nord- und Südamerika, den Niederlanden und der Schweiz.

Die Fragestellung des Forschungsauftrags beziehen sich dem ISD Hamburg zufolge auf verschiedene Schwerpunkte. Eine Zielebene beziehe sich etwa auf die gesundheitlichen Aspekte der Cannabislegalisierung, erklärte Manthey. Das betreffe etwa den Konsum, den Straßenverkehr und auch Abhängigkeitsaspekte. Darüber hinaus gehe es um den Jugendschutz sowie um die Auswirkungen auf den illegalen Drogenhandel.

In der Zusammenfassung des Projektes schreiben die Forscher auf ihrer Internetseite, die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken könne „verschiedene Auswirkungen auf den Jugend- und Gesundheitsschutz, sowie auf die Entwicklung des illegalen Marktes haben“. Eine vorläufige Zusammenstellung der Literatur deute „insgesamt auf keinen sprunghaften Anstieg der Konsumprävalenz infolge der Cannabislegalisierung in Nordamerika und Uruguay hin“.

Jedoch verwiesen einzelne Studien auf einen Anstieg der Notaufnahmen für Vergiftungen und auf eine Zu­nah­me von Verkehrsunfällen. Um die Auswirkungen der Cannabislegalisierung auf Jugend- und Gesundheits­schutz sowie auf die Entwicklung des illegalen Marktes umfassend zu verstehen, müsse berücksichtigt werden, wie die Legalisierung konkret ausgestaltet worden sei. Dabei gehe es etwa um rechtliche Grenzen, Verfügbarkeit oder Restriktionen für Werbung.

may

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