Ärzteschaft

Hausärzte erinnern Lauterbach an Versprechen zur Entbudgetierung

  • Mittwoch, 3. Januar 2024
Karl Lauterbach (SPD)/picture alliance, Geisler-Fotopress, Bernd Elmenthaler
Karl Lauterbach (SPD)/picture alliance, Geisler-Fotopress, Bernd Elmenthaler

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat für den 9. Januar zu einem Krisengipfel eingeladen, bei der er mit Ärztevertretern und Krankenkassen über die Probleme in der ambulanten Versorgung sprechen will. Die Ärzte er­innerten ihn und die Ampelkoalition heute erneut an gemachte Zusagen.

Neben dem Bundesgesundheitsminister seien alle Ampelfraktionen in der Pflicht, endlich ihre Versprechun­gen einzuhalten, schreiben die beiden Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, Markus Beier und Nicola Buhlinger-Göpfarth, in einem Rundschreiben.

Sie bezeichnen es darin als „absolut inakzeptabel“, wenn aufgrund von internen Querelen der Parteien wich­tige und fest zugesagte Projekte nicht umgesetzt würden.

„Sowohl die SPD als auch die Grünen und die FDP haben sich im Koalitionsvertrag auf eine Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen geeinigt. Es ist somit auch die Pflicht aller drei Fraktionen, dieses Projekt jetzt endlich über die Ziellinie zu bekommen“, ermahnen Beier und Buhlinger-Göpfarth.

Sie betonen, die Ärzte würden auch in den kommenden Wochen immer wieder deutlich machen, dass die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung nicht nur Hausarztpraxen, sondern vor allem Millionen Patien­ten betreffe, die ansonsten in Zukunft ohne hochwertige hausärztliche Versorgung dastünden.

Die Hausärzte betrachten die Proteste der vergangenen Wochen als Erfolg. Die vielen öffentlichen Protest­maßnahmen hätten geholfen, noch einmal zusätzlichen Druck aufzubauen, heißt es. Die Erwartungen an den Gipfel in der kommenden Woche mit dem Minister seien klar.

„Es braucht eine echte Stärkung derjenigen, die seit Jahren im Maschinenraum der Versorgung schuften und dennoch sowohl finanziell ausbluten als auch immer häufiger vor dem stetig steigenden Versorgungsdruck kapitulieren müssen. Das sind allen voran die Hausarztpraxen“, formulieren es Beier und Buhlinger-Göpfarth.

Die Politik muss aus ihrer Sicht die im Koalitionsvertrag zugesagte echte Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen umsetzen. Das soll nach einem „Modell MGVplus“, bei dem dem hausärztlichen Versorgungsbereich auch zukünftig ein fester Betrag zur Verfügung stehen soll.

„Wenn dieser nicht ausreicht und weitere Leistungen erbracht werden, werden diese entsprechend zusätzlich vergütet. Alle anderen Formen der Entbudgetierung sind Mogelpackungen, die am Ende der hausärztlichen Versorgung Geld entziehen würden“, schreiben die Bundesvorsitzenden.

Sie mahnen auch einen spürbaren Bürokratieabbau an. In diesem Punkt seien vor allem die Krankenkassen gefordert, die durch ihren „immer weiter zunehmenden Kontrollwahn die Versorgung der Menschen zuneh­mend unmöglich machen“.

Ebenso muss es aus Sicht der Hausärzte einen Patientenbonus für die Teilnahme an den Verträgen zur Haus­arztzentrierten Versorgung (HZV) geben. Nur durch bessere und effektive Steuerung der HZV-Verträge könne das Gesundheitswesen als Ganzes entlastet werden, heißt es weiter.

Entschieden kritisch reagiert der Hausärzteverband auf die Vorwürfe Lauterbachs und der Krankenkassen, es gehe der Ärzteschaft lediglich um eine höhere Vergütung für sich selbst. „Was wir uns verbitten, ist die Un­terstellung, dass es uns nur um unser eigenes Portemonnaie geht“, betonen Beier und Buhlinger-Göpfarth in dem Rundbrief. Es brauche die finanzielle Förderung der Praxen und die Modernisierung der Versorgungs­strukturen.

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), setzt offenbar Hoffnung in den Gipfel. „Zu den aktuellen finanziellen Forderungen der Ärzteschaft sehe ich die Notwendigkeit, dass sie – wie auch alle anderen Berufsgruppen in Deutschland – für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden“, sagte er heute.

Die Diskussion darüber führe man aber aus seiner Sicht am besten mit inhaltlichen Argumenten in ruhiger Atmos­phäre an gemeinsamen runden Tischen – wie es in anderen Branchen schon lange gelebte Praxis sei.

Schwartze wies die Kritik zurück, die Bundesregierung habe die ambulante Versorgung in ihrer Gesundheits­politik vergessen. In Sachen Bürokratieabbau gebe es Reformpläne. Statt der Neupatientenregelung, die nicht die gewünschten Effekte gebracht habe, seien die Zuschläge von Krankenkassen bei ärztlichen Behandlungen aufgrund schneller Terminvermittlungen erhöht worden.

Der Patientenbeauftragte betonte zugleich, die Ausgaben der Krankenkassen für die ambulante ärztliche Versorgung seien signifikant gestiegen, während die Anzahl der Vertragsärzte zurückgehe. „Das ist ein breites Problem in der Ärzteland­schaft. Neue Lösungen sind gefragt, insbesondere weil viele Medizinabsolventinnen und -absolventen die zeitintensive Selbstständigkeit in der heutigen Zeit nicht mehr als attraktives Lebens­modell betrachten“, sagte Schwartze.

Der Ausstieg der Babyboomergeneration aus dem Arbeitsleben reduziere aber auch heute schon die Zahl der Ärzteschaft im Gesamten. Um diesem bereits spürbaren Fachkräftemangel im ärztlichen Bereich zu begegnen, setze sich die Bundesregierung für einen Ausbau der Medizinstudienkapazitäten ein. „Das ist ein langsamer aber ohne Frage der nachhaltigste Weg, die Situation zu entschärfen.“

„Eine Reform der Ärztlichen Approbationsordnung ist meines Wissens nach der Einigung mit den Ländern ebenso auf gutem Weg wie auch die Aufhebung der Budgetierung der Honorare im hausärztlichen Bereich im Koalitionsvertrag vereinbart ist.“ Er erhoffe sich, dass diese Maßnahmen durch den Finanzminister und den Bundestag als Haushaltsgeber in den kommenden schwierigen Haushaltsverhandlungen priorisiert würden, um Hausärzte weiter zu entlasten.

may

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