Hybrid-DRG bieten Potenzial für zügige Ambulantisierung
Berlin – Die geplante sektorengleiche Vergütung (Hybrid-DRG) bietet Potenzial zur Ambulantisierung. Insbesondere viele Behandlungen, die bislang eine Verweildauer von maximal drei Tagen im Krankenhaus haben, könnten unmittelbar ambulant behandelt werden und damit würden die geplanten Hybrid-DRG greifen.
Das erklärte gestern der Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg von der Universität Hamburg bei einer Onlineveranstaltung des Bundesverbands Managed Care (BMC). Erst ab einer längeren Verweildauer in der Klinik steige die Morbidität deutlich an, so Schreyögg. Diese Fälle könnten nicht unmittelbar ambulant behandelt werden.
Nach dem AOP-Katalog würden rund 3,4 Millionen stationär verbrachte Tage bei Kurzliegern (maximal drei Tage) auch als Hybrid-DRG erbracht werden können, erklärte Schreyögg weiter. Das entspräche rund 4,3 Milliarden Euro.
Sobald man den AOP-Katalog nach dem Vorschlag des IGES-Gutachten aus dem Jahr 2022 erweitere, sei eine Verdopplung dieser Belegungstage (rund sieben Millionen) möglich, die aus der stationären in die ambulante Versorgung überführt werden könnten. Wenn nicht nur die Kurzlieger, sondern auch weitere Fälle berücksichtigt würden, sei eine Einsparung von bis zu 26 Millionen Tagen möglich, so Schreyögg.
Die anvisierte Vergütung für Hybrid-DRG liegt zwischen dem Vergütungskatalog der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Einheitlicher Bewertungsmaßstab, EBM) und den diagnosebezogenen Fallpauschalen im stationären Bereich (DRG). So gibt es für bestimmte Hernieneingriffe nach EBM heute weniger als 1.000 Euro, im DRG-Bereich sind es bis zu 3.500 Euro. Für die Hybrid-DRG sind zwischen 1.600 und 2.000 Euro vorgesehen.
Deutliche Einsparungen möglich
Bei der Betrachtung der durchschnittlichen Vergütung ist eine Einsparung bei einer 2-Tage-DRG von bis zu 45 Prozent möglich. Diese kostet heute durchschnittlich 2.818 Euro, die Hybrid-DRG sieht 1.559 Euro vor. Auch der Durchschnitt einer 1-Tages-DRG (2.190 Euro) liegt deutlich höher. Hier wären Einsparungen von 29 Prozent möglich, rechnete Schreyögg vor. Die Berechnungen sollen im Krankenhausreport 2024 veröffentlicht werden.
Spannend wird es, wenn die geplanten Vorhaltepauschalen bei den Berechnungen hinzukommen. Da die Vorhaltepauschalen von den DRG abgezogen werden sollen, würde die Differenz in diesem Fall nicht mehr so deutlich ausfallen. Im Durchschnitt wären von einer entsprechend bereinigten 2-Tages-DRG (1.838 Euro) zur Hybrid-DRG (1.559 Euro) noch eine Einsparung von 15 Prozent möglich.
Bei einer 1-Tages-DRG (1.428 Euro) wäre mit der Hybrid-DRG allerdings sogar neun Prozent mehr Erlös möglich. Das würde die ambulante Versorgung durchaus attraktiver machen als der Status Quo, interpretiert Schreyögg. Allerdings würden die Vorhaltepauschalen deutlich später als die Hybrid-DRG starten. Die Vorhaltefinanzierung soll laut aktuellem Plan der Krankenhausreform erst 2029/2030 ihre volle Wirkung entfalten.
Keine Mengenausweitung
Zur Nachfrage, ob die Hybrid-DRG nicht auch zu einer Mengenausweitung führen könnten, betonte Schreyögg, dies habe man in anderen Ländern mit dem gleichen Konzept noch nicht beobachten können. Zudem habe man sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich effektive Mechanismen, die entsprechend gegen wirken würden, beispielsweise der Fixkostendegressionsabschlag im DRG-System.
Insgesamt schätzt Schreyögg die Wirkung der Hybrid-DRG als vielversprechend ein. Anfangs sei zunächst ein kleiner Ambulantisierungseffekt zu erwarten. Die Weiterentwicklung in den nächsten Jahren könnte aber wichtige Impulse setzen, so Schreyögg. Außerdem könne das Instrument im Vergleich zu anderen geplanten Maßnahmen der Krankenhausreform relativ zügig Wirkung entfalten.
Zwar ist die zugrundeliegende Verordnung sowie Gesetzestext für die Hybrid-DRG bereits in Kraft. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) und GKV-Spitzenverband verhandeln aber noch entsprechende Details zur Abrechnung.
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