Ärzteschaft

Kassenärzte fordern erneut Ende der Honorarbudgets

  • Mittwoch, 11. April 2018
/Stockfotos-MG, stock.adobe.com
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Potsdam – Vertragsärztliche Leistungen im Wert von 2,9 Milliarden Euro sind 2016 von den Krankenkassen nicht bezahlt worden. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung, aus der zwei Drittel der Leistungen bezahlt werden, habe bei 24,45 Milliarden Euro gelegen, der ausgewiesene Wert der tatsächlich erbrachten Untersuchungen und Behandlungen für gesetzliche krankenversicherte Patienten dagegen bei 27,33 Milliarden Euro. Das geht aus Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hervor, die diese gestern in Potsdam vorlegte.

„Die Entbudgetierung der vertragsärztlichen Honorare ist überfällig“, sagte deshalb der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen vor Journalisten. Das Problem sei, dass den begrenzten Mitteln aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein unbegrenztes Leistungsversprechen gegenüberstehe, das die Patienten auch in Anspruch nähmen. „Und die Zeche zahlen die Ärzte“, kritisierte Gassen. Das Sachleistungssystem in der GKV führe zudem dazu, dass die Patienten kein Gespür für die Kosten hätten, die ihre Behandlung verursache.

Sprechstunden: Für Mehrarbeit muss es mehr Geld geben

Vor dem Hintergrund, dass bereits jetzt 10,5 Prozent der budgetierten vertrags­ärztlichen Leistungen nicht bezahlt werden, wandte sich Gassen heftig gegen die geplante Erhöhung der Sprechstundenzeiten von 20 auf 25 Stunden, wie sie Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag fordern.

„Die Ärzte sollen jetzt noch mehr machen als ohnehin schon und ihre Selbstausbeutung maximieren. Das wird nur gehen, wenn es für die Mehrarbeit der Kollegen auch mehr Geld gibt“, meinte der KBV-Chef. Die Alternative sei, dass sich die Ärzte strikt an die gesetzlichen Budgetvorgaben hielten. „In Sachsen würde das bedeuten, dass die Fachärzte 22 Prozent weniger Leistungen anbieten, weil diese nicht bezahlt werden“, so Gassen.

Nach Berechnungen des KBV-Honorardezernats ist die Differenz zwischen dem Euro-Preis für eine ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und dem aufgrund der Budgetierung abgestaffelten Honorar regional unterschiedlich. Während zum Beispiel die Hausärzte in Bayern und Baden-Württemberg ihre Leistungen zu 100 Prozent bezahlt bekommen, liegen die Honorare der Hausärzte in Hamburg um 22 Prozent und die der Hausärzte in Berlin um 15 Prozent unterhalb der Euro-Preise, die der EBM ausweist.

Um mehr Honorargerechtigkeit herzustellen, fordert die KBV deshalb einen schrittweisen Ausstieg aus dem Budget. Da Geld nicht unbegrenzt zur Verfügung stehe, sollten zunächst die Leistungen ausbudgetiert werden, bei denen Ärzte die Menge nicht von sich aus ausweiten könnten, bei denen also allein die Zahl der Patienten die Menge bestimme, sagte Gassen.

Das treffe auf die Versicherten- und Grundpauschalen, die Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags sowie die Pauschalen für die fachärztliche Grundversorgung zu. Auf die Krankenkassen kämen damit Mehrausgaben von 450 Millionen Euro zu.

Angesichts von einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten in Deutschland pro Jahr erklärte Gassens Vorstandskollege Stephan Hofmeister, dass auch die Frage der Bedarfs­steuerung diskutiert werden müsse. „Das kann aber nicht Aufgabe der Ärzte sein. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe.“

HK

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