Ophthalmologen befürchten Ausfall augenheilkundlicher Medizinprodukte

München – Auch in der Augenheilkunde müsse damit gerechnet werden, dass wichtige Produkte wie künstliche Augen oder Irisimplantate bald nicht mehr zur Verfügung stünden, warnt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG). Bei der Umsetzung der EU-Verordnung Medical Device Regulation (MDR) müsse daher dringend nachgebessert werden – die kürzlich erreichte Verlängerung der Übergangsfrist allein reiche nicht aus.
Das erklärte Ziel der europäischen Medizinprodukteverordnung MDR, die im Mai 2021 in Kraft getreten ist, ist es, die Sicherheit von Medizinprodukten und ihren Nutzen für Patienten zu gewährleisten. „Dieses Ziel unterstützen wir prinzipiell sehr, denn Eingriffe am Auge erfordern einen sehr hohen qualitativen Standard“, betonte Claus Cursiefen, Generalsekretär der DOG und Direktor des Zentrums für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln.
Als Medizinprodukte gemäß der MDR gelten Diagnosegeräte, chirurgische Instrumente und Laser, aber auch Kontaktlinsen, Implantate, Pflegeprodukte oder künstliche Tränen.
„All diese Produkte den neuen Regelungen entsprechend zu prüfen, überschreitet deutlich die Kapazitäten der behördlichen Stellen, die zur CE-Zertifizierung berechtigt sind“, kritisierte Cursiefen. Zum anderen seien die für den Marktzugang geforderten Nachweise oftmals nur schwer zu erbringen, so dass das aufwändige Verfahren sich für manche Hersteller schlicht nicht mehr rechnet.
„Wir befürchten daher eine deutliche Verteuerung, oft sogar einen Wegfall von Produkten, ganzen Produktlinien oder Behandlungsmethoden“, so Cursiefen. Das würde den therapeutischen Spielraum in der Augenheilkunde deutlich einschränken. „Darüber hinaus leidet letztlich auch der Forschungsstandort Europa unter solchen Einschränkungen“, warnte Cursiefen. Investitionen und Innovationskraft drohten abzufließen.
Um sich ein genaues Bild über mögliche Engpässe in ihrem Fachgebiet zu machen, hat die DOG in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) eine Umfrage gestartet. Augenärztinnen und Augenärzte können Medizinprodukte, von denen sie befürchten, dass sie knapp werden oder gar vom Markt verschwinden, an die DOG-Geschäftsstelle melden.
„Erste Rückmeldungen aus Praxen und Kliniken zeigen, dass wahrscheinlich Augenprothesen und Irisimplantate von der MDR betroffen sein werden“, erläuterte Thomas Ach, stellvertretender Direktor der Universitätsaugenklinik Bonn, der die DOG in der AWMF vertritt.
Um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie ein drohender Mangel abgewendet werden kann, stehe die DOG im direkten Austausch mit den Herstellern augenheilkundlicher Medizinprodukte. Noch entscheidender sei aber, bei der Umsetzung der MDR nachzubessern.
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