„Softwareanbieter werden sich das wieder gut bezahlen lassen“
Köln – In einem offiziellen Schreiben an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, auf Mängel in der angestrebten Novelle des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) hingewiesen. Im Rahmen der künftig via Arztinformationssystem beabsichtigten Übermittlung der Nutzenbewertung an die Ärzte befürchtet der KBV-Vorsitzende dirigistische Fehlentwicklungen sowie Zusatzkosten für die Anpassung der Praxisverwaltungssysteme. Gassen bekräftigte das KBV-Ansinnen, der Körperschaft des öffentlichen Rechtes endlich die Entwicklung von Praxisverwaltungssoftware zu ermöglichen.

Fünf Fragen an Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
DÄ: Bisher wurde der KBV verwehrt, ihr Know-how im Bereich der IT-Technologien in die Entwicklung von Praxisverwaltungssoftware umzusetzen. Was lässt auf eine Änderung dieser wettbewerbsrechtlich motivierten Absage hoffen?
Andreas Gassen: Es ist mittlerweile – so ist jedenfalls mein Eindruck – bis in die Politik vorgedrungen, dass gesetzliche Vorgaben von manchen Unternehmen dazu genutzt werden, um auf Kosten der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen Gewinne zu maximieren. Das hat zumindest für ein Nachdenken gesorgt.
DÄ: Der Ärger der Ärzte über das Feld Verwaltungssoftware ist bekannt. Was sind hier die größten Baustellen zu Änderung der Sachlage?
Gassen: Es geht leider stets um die Zusatzkosten für die Anpassung der Praxisverwaltungssysteme. Das ist bei der vom Gesetzgeber gewollten Einführung des Medikationsplans der Fall gewesen und wird leider – zumindest befürchten wir das – bei der Umsetzung des von der Politik gewünschten Arztinformationssystems auch wieder passieren: Einige – ich betone nicht alle – Softwareanbieter werden sich das wieder gut von den Niedergelassenen bezahlen lassen.
Ein anderes Problem sind die verschiedenen und diversen Schnittstellen, die nicht kompatibel untereinander sind. Das Problem könnten wir mit einer verbindlichen Schnittstelle für alle Anbieter lösen.
DÄ: Bisher ist Erstellung, Weiterentwicklung und Pflege von Software im Gesundheitswesen gewerbliche Angelegenheit der Industrie. Was berechtigt KBV und KVen Ihrer Meinung nach dazu, ihre Zuständigkeit im IT-Bereich des Gesundheitswesens auszudehnen?
Gassen: Ich finde schon, dass man darüber nachdenken kann, ob die in Ihrer Frage beschriebenen Aufgaben nicht Aufgaben einer Körperschaft wie der KBV sein könnten. Immerhin handelt es sich oftmals um die EDV-mäßige Umsetzung gesetzlicher Aufgaben.
DÄ: Welche Vorteile hätten Deutschlands Ärzte durch diese zusätzliche Obliegenheit körperschaftlicher Interessensvertretung?
Gassen: Sie hätten zwei ganz praktische Vorteile: Eine deutlich verringerte Kostenbelastung durch Software-Anpassungen sowie die Möglichkeit, durch einander kompatible Schnittstellen leichter die Praxisverwaltungssysteme zu wechseln.
DÄ: Vorausgesetzt, Sie finden in der Politik für Ihren Vorschlag ein offenes Ohr: Rechnen Sie mit Widerstand seitens der gewerblichen Industrie?
Gassen: Um es deutlich zu sagen: Ich habe nicht vor, eine Konkurrenz zu den auf dem PVS-Markt agierenden Unternehmen aufzubauen. Aber ich halte es für wichtig, die Ärztinnen und Ärzte finanziell zu entlasten und – wenn dies die Industrie nicht macht – zumindest Schnittstellen zu entwickeln und anzubieten, die zwischen den Programmen kompatibel sind.
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