Krankenhausreform: Geld reicht nicht für alle Krankenhäuser

Berlin – Im Zuge der Krankenhausreform wird fast immer über die künftige Finanzierung der Kliniken diskutiert. Dabei scheint aber eins auf jeden Fall klar, wie am vergangenen Donnerstag beim DRG-Forum deutlich wurde.
„Das Geld reicht nicht mehr für alle Krankenhäuser. In der Hinsicht haben wir Planungssicherheit“, sagte Wulf-Dietrich Leber, Leiter der Abteilung Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband (GKV-SV). Er sprach sich deutlich gegen eine Unterstützung für alle Kliniken per Gießkanne aus, wie es etwa die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in Form eines Inflationsausgleiches fordert.
Stattdessen müssten die Krankenhäuser gestützt werden, die für den Bedarf nötig seien, betonte Leber. Nicht dazu gehörten Häuser, die Gelegenheitsversorgung machten oder bei denen es ausreichende Alternativen in der unmittelbaren Umgebung gebe.
Zudem dürften Kliniken mit geringer Bettenauslastung oder mit Gewinnen, nicht gestützt werden. „Jeder Monat, in dem nicht fünf bis zehn Krankenhäuser vom Netz gehen, ist ein verlorener Monat“, sagte Leber. Nur dann könnte das Geld für die anderen Kliniken reichen und es gebe entsprechend Planungssicherheit.
Leber vermisse im Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) entsprechende Regelungen zu einer konsequenten Bedarfsorientierung. Er fürchtet etwa, dass mit den geplanten sektorenübergreifenden Einrichtungen Neugründungen insbesondere in Ballungsgebieten entstehen, die für die Versorgung nicht benötigt werden.
Auch die Beteiligung der hausärztlichen Versorgung sei in diesen Fällen unklar, so Leber. Er bewertete diese geplanten Einrichtungen als „unklares Konstrukt“. Es brauche ein „gerichtsfestes Auswahlkriterium“ für die Krankenhausplanung im Gesetz, forderte Leber. Damit müssten Bundesländer, ohne etwa Klagen von Kliniken oder Trägern nach sich zu ziehen, auch entscheiden können, dass es künftig nur noch vier Urologien statt sieben in einer Stadt bräuchte.
Zuordnung von Fällen zu Leistungsgruppen künftig schwierig
Die Krankenhausreform sieht zudem eine Einführung von Leistungsgruppen, mit denen die Bundesländer bundeseinheitlicher ihre Krankenhausplanung vollführen sollen. Damit sollen genaue Qualitätskriterien festgelegt werden, die die Kliniken in der Regel für die Erbringung von bestimmten Leistungen erfüllen müssen.
Der Geschäftsführer des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), Frank Heimig, kündigte an, dass die fachabteilungsbezogene Zuordnung von Fällen vermutlich nicht ganz aufgegeben werden könne. Manche Fälle ließen sich den geplanten 65 Leistungsgruppen nicht eindeutig zuteilen. Insbesondere in den Leistungsgruppen Infektiologie, Notfallmedizin oder Intensivmedizin sei es schwierig, Fälle entsprechend zuzuordnen.
Die Leistungsgruppe Notfallmedizin mache ihn am „unglücklichsten“, so Heimig. Es gebe kein Attribut Notfall im Krankenhaus. Das seien meistens Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Polytraumata. Diese würden wiederum in entsprechenden Leistungsgruppen, aber nicht in der Gruppe Notfallmedizin eingruppiert werden.
Hintergrund sei, dass die 60 somatischen Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen ursprünglich für die Krankenhausplanung und nicht für die Abrechnung entwickelt worden seien. Deswegen sei es künftig von großer Bedeutung, die Hierarchie, also die Abfragereihenfolge von Fallbestandteilen, festzulegen.
Andernfalls könnten jedes Krankenhaus Fälle künftig anders beurteilen. Auch Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus, sprach sich am vergangenen Freitag auf dem DRG-Forum für ein detailliertes Hierarchisierungsmodell aus.
Heimig erklärte weiter, die Verbindung der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) mit den geplanten Leistungsgruppen werde ein sehr komplexes System. „Wie dieses System zur Entbürokratisierung beiträgt, bin ich nicht ganz sicher. Aber es macht es sicher schwieriger“, so Heimig und erntete dafür Applaus.
Das InEK arbeite derzeit an einem neuen Grouper, der die DRG nutzt und in die Leistungsgruppensystematik einbaut. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte ebenfalls auf dem DRG-Forum erklärt, der Grouper solle im September fertiggestellt sein.
Fallzahlkorridor führt zu Dämpfung der Erlöse
Vor einem weiteren Aspekt der Krankenhausreform, die im Zuge der geplanten Vorhaltefinanzierung eingeführt werden soll, warnte Winfried Brechmann, Amtschef im bayerischen Gesundheitsministerium, auf dem DRG-Forum. Die Vorhaltefinanzierung soll künftig grundsätzlich 60 Prozent der Leistungsgruppenbudgets abdecken, die restlichen 40 Prozent werden weiter über DRG abgerechnet.
Geplant ist mit dem Entwurf des KHVVG, dass es zudem ein Fallzahlkorridor von 20 Prozent geben soll, der bei Fallzahlschwankungen vor Erlössenkungen schützen soll. Brechmann schätzt aber, dass Krankenhäuser damit ganz gezielt 15 Prozent weniger Leistung anbieten würden, um dennoch 100 Prozent der Finanzierung zu bekommen.
Die Folge wäre ein dramatischer Angebotsrückgang, befürchtet Brechmann. Er plädierte dafür, diesen 20-prozentigen Korridor aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Stattdessen brauche es eine Weiterentwicklung der bereits geltenden Sicherstellungszuschläge in etwa „Vorhaltezuschläge“. Damit müssten tatsächliche Vorhaltekosten vor Ort stärker in den Blick genommen und Voraussetzungen für Kliniken gelockert werden.
Ein Beispiel für diesen Korridor nannte die Geschäftsführerin Karin Overlack vom Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen. So würde der Erlös ihrer Klinik durch Herztransplantationen mit der Einführung von Vorhaltepauschalen von 11,7 Millionen (95 Fälle) auf 10,3 Millionen Euro (bei nur noch 80 Fällen) fallen.
Im reinen DRG-System läge der Erlös bei 80 Fällen bei 9,9 Millionen Euro. Damit dämpfe der 20-Prozent Korridor einen Verlust von 400.000 Euro. Wenn die Fälle aber von 80 auf 95 ansteigen würden, würden auch die Erlöse um 400.000 Euro weniger ansteigen, erklärt Overlack. Sie forderte deshalb Sonderregelungen für solche Spezialleistungen. Auch Karagiannidis sprach sich dafür aus, Transplantationen künftig weiter zu 100 Prozent pro Fall zu refinanzieren.
Noch Geld im Strukturfonds übrig
Für die Finanzierung der benötigten Umstrukturierung im Rahmen der Reform soll es zudem einen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren geben. Krankenhäuser sollen 2025 Anträge stellen und ab 2026 entsprechende Projekte fördern lassen können.
Die Leiterin der Unterabteilung „Gesundheitsversorgung, Krankenhauswesen“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Johanna Sell, erklärte auf dem DRG-Forum vergangene Woche, dass sich im Krankenhausstrukturfonds II noch 1,3 Milliarden Euro befänden. Deshalb könnten Krankenhäuser bereits jetzt mit Umstrukturierungen beginnen und müssten nicht auf den Transformationsfonds warten.
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