Krankenkassen warnen vor weiter steigenden Beiträgen

Augsburg – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) warnt vor weiter steigenden Beiträgen und wirft der Bundesregierung einen Sparkurs auf Kosten der Beitragszahler vor.
„Unter dem Strich müssen Beitragszahler die Zeche zahlen, indem die Beiträge 2024 und in den Folgejahren steigen“, sagte der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm der Augsburger Allgemeinen heute. Als Beispiel nannte er den fehlenden Inflationsausgleich für die Krankenhausfinanzierung.
Es könne zu einem „ruinösen Preiswettbewerb über die individuellen Zusatzbeiträge“ kommen, warnte Storm. Den Zusatzbeitrag kann jede Kasse je nach ihrer Finanzlage selbst festlegen. Der offiziell erwartete durchschnittliche Zusatzbeitragssatz war für 2023 von 1,3 auf 1,6 Prozent gestiegen. Ehrlicher sei es dann noch, wenn der allgemeine Beitragssatz aller Krankenkassen – derzeit 14,6 Prozent, aufgeteilt auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber – angehoben werde, meinte Storm.
Die AOK-Bundesvorstandsvorsitzende Carola Reimann kritisierte in der Zeitung, dass die Bundesregierung ihre im Koalitionsvertrag versprochenen Lösungsansätze zur Entlastung der Krankenkassen bisher schuldig bleibe.
„Dabei liegen diese seit Jahren auf dem Tisch, etwa eine auskömmliche Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeldbeziehenden über zusätzliche Bundesmittel oder die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel.“ Dies zusammen brächte dauerhaft schon rund zehn Milliarden Euro mehr auf der Einnahmenseite und etwa fünf Milliarden Euro Entlastung bei den Ausgaben, schätzte Reimann.
Linken-Chefin Janine Wissler warf der Bundesregierung wegen steigender Krankenkassenbeiträge Untätigkeit vor. Der Anstieg der Beiträge zeige "den Unwillen der Ampel, Finanzierungsprobleme grundlegend anzugehen", sagte Wissler. Nötig sei eine Reform zur Einführung einer Bürgerversicherung, „in die alle einzahlen“. Beiträge müssten dabei solidarisch „auf alle Einkommen erhoben“ werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den Zusatzbeitrag zur GKV zu Jahresbeginn erst von 1,3 auf 1,6 Prozent angehoben. Im Juni teilte er mit, dass es im kommenden Jahr eine Erhöhung auf maximal 2,0 Prozent geben könne.
„Durch Privatisierungen fließen aus dem öffentlich finanzierten Gesundheitssystem Mittel ab an Konzerne und Aktionäre“, sagte Wissler. Wieder einmal sollten Finanzierungslücken durch die Beschäftigten gestopft werden. Leidtragende seien die Menschen, die in Krisenzeiten ohnehin kaum über die Runden kämen.
Die Verantwortung für „eine unwürdige Zwei-Klassen-Versorgung“ sah Wissler bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er begnüge sich mit „Flickschusterei“ und tue nichts „gegen die wachsende Kluft zwischen privat und gesetzlich Versicherten“.
Notwendig sei „ein umfassender Umbau, der die Unterschiede in der medizinischen Versorgung beseitigt und eine solidarische Bürgerversicherung einführt“, sagte Wissler. „Statt Krankenhäuser zu schließen, sollte man darüber nachdenken, die Zahl der Krankenversicherungen zu reduzieren.“
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