Politik

TI-Messenger: Integration in bestehende Systeme gefordert

  • Mittwoch, 25. Oktober 2023
/fizkes, stock.adobe.com
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Hamburg – Ärzte sollen bald per sicherem Messenger niedrigschwellig und per Smartphone miteinander chatten sowie Fotos und Videos austauschen können. Dafür sind derzeit einige Telematikinfrastruktur-Mes­senger, kurz TI-Messenger, in der Zulassungsphase. Noch dieses Jahr sollen erste Apps von der Gematik offiziell zugelassen werden.

Diese Apps müssten aber direkt in bestehende Systeme, insbesondere die Praxisverwaltungssysteme (PVS) und Krankenhausinformationssysteme (KIS) angedockt werden, so dass Informationen aus den Chatverläufen automatisch ohne Mehraufwand dort eingespeist werden. Das forderten Ärzte auf dem gestri­gen TI-Messen­ger Summit. Der Bedarf für einen solchen Messenger ist groß, so der Konsens der Veranstaltung.

Ärztinnen und Ärzte wollten einen sicheren Messenger für berufliche Zwecke nutzen, betonte Ferdinand Bohmann, Oberarzt der Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Frankfurt auf dem Gipfel. Sonst würden sie private, nicht sichere Messenger verwenden, so Bohmann. In Frankfurt werde intern bereits der Messenger des Unternehmens Famedly genutzt, der derzeit auch im Zulassungsprozess der Gematik stecke.

In Frankfurt sei zudem geplant, bald mit anderen Kliniken per Messenger zu kommunizieren. Entsprechende Pilotierungen liefen noch, die Ergebnisse seien aber vielversprechend, sagte Bohmann. Auch an der Charité sei die Begeisterung, einen solchen Messenger zu nutzen, groß, berichtete Antonia Rollwage von der Stabs­stelle Digitale Transformation der Berliner Charité.

Allerdings neigten Ärztinnen und Ärzte oft dazu, mit dem Messenger alle Probleme hinsichtlich der Digitali­sie­rung im Gesundheitswesen lösen zu wollen. So wollen sie beispielsweise auch die Koordinierung von Ter­minen in den Messengerdienst packen. Hier müsse man aber zunächst Funktionen sortieren und nicht fünf Wege entwickeln, die das Gleiche tun, warnte Rollwage.

Bohmann ergänzte, es sei notwendig, dass ein Messenger von Anfang an gut laufe und nicht zu kompliziert gestaltet oder fehleranfällig sei. „Wir haben bei der Überzeugung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eigentlich nur eine bis maximal zwei Chancen“, betonte er.

Messenger als Game Changer

Auch im niedergelassenen Bereich sei die Euphorie groß, sagte Jakob Scholz, stellvertretender Geschäfts­be­reichsleiter für IT und Digital Health bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Viele Ärztinnen und Ärzte aus dem E-Health-Ausschuss der KVWL sähen den Messenger als Game Changer, wenn er in den Praxen und auch innerhalb des Praxisverwaltungssystems (PVS) funktioniere. „Dafür muss der Messenger aber mit den PVS interoperabel werden“, forderte Scholz.

Einsatzmöglichkeiten seien vor allem in Arzt- oder Hausarztnetzen möglich. Auch die Kommunikation mit Pflegeheimen oder Laboren könnte damit niedrigschwelliger und einfacher funktionieren, erklärte Scholz. Allerdings gebe es auch im niedergelassenen Bereich keine „unglaublich hohe Frustrationstoleranz“, so Scholz. Die KVWL wolle 2024 erste Einsatzszenarien mit einzelnen Ärzten erproben.

Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Joachim Draws aus Celle, zeigte weitere mögliche Anwen­dungs­gebiete auf. So könnten Hausärzte direkt bei Fachärzten nachfragen, ob etwa gewisse Medikamente oder Ohrentropfen bei bestimmten Fällen verabreicht werden dürften. Auf der anderen Seite habe Draws bereits per Video einem Hausarzt erklärt, wie man eine eitrige Entzündung im Ohr mit Betaisodona korrekt spüle.

Für den Hausarzt Marc Hanefeld aus Bremerförde ist es zudem wichtig, dass digitale Lösungen wie das E-Rezept oder der Messenger fertig getestet bei den Ärzten in der Fläche ankommen. Die App müsse an unsere PVS-Systeme angesteckt werden können, forderte auch Hanefeld. Sonst koste es zu viel Zeit, die für die Patientenversorgung benötigt werde.

Hausarzt Stefan Spieren aus Wenden ergänzte zudem, dass die Chatverläufe aus dem Messenger gespeichert werden müssten. Die Verläufe sollten sofort in der Patientenkartei, sprich der PVS stehen, betonte auch er. „Die Schnittstellen beim TI-Messenger müssen gesetzlich verpflichtend für die Hersteller sein, sonst kommen wir nicht weiter“, so Spieren.

Keine weiteren Absprachen möglich

Hanefeld fürchtet sich außerdem davor, mit weiteren Akteuren für die Einführung der digitalen Lösungen einzeln in Kontakt treten zu müssen. Mit der Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung, dem PVS-Hersteller sowie dem KIM-Anbieter und dem Konnektor- sowie Kartenhersteller für die SMC-B oder dem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) müsse man sich bereits abstimmen. Mehr Ansprechpartner würden weitere Zeit kosten, so Hanefeld.

Sobald erste TI-Messenger offiziell zugelassen sind, sollen sie in den beiden Modellregionen Hamburg und Franken getestet werden, kündigte Timo Frank, Produktmanager bei der Gematik gestern an. In diesen Mo­dellregionen sollen die Messenger intersektoral, also beispielsweise vom Krankenhaus zum Pflegedienst ge­nutzt werden. Erste Messenger, die zwar noch nicht offiziell als TI-Messenger zugelassen sind, würden aber bereits heute schon ihr System in der Praxis testen, so Frank.

In Hamburg ist der Start dieser Pilotierung ab Januar 2024 vorgesehen. Die Planungsphase ist im Rahmen der Pilotierung aber noch nicht komplett abgeschlossen, erklärte zudem ein Sprecher der Gematik auf Nachfrage nach weiteren Details zur Pilotierung.

Die TI-Messenger sollen in einem ersten Schritt die Kommunikation zwischen Leistungserbringern in der sicheren Telematikumgebung ermöglichen. In weiteren Ausbaustufen in den kommenden Jahren sollen auch Chats mit Patientinnen und Patienten sowie Videosprechstunden mittels der App realisiert werden, so der Plan der Gematik.

Langfristig sollen alle Menschen in Deutschland über eine digitale Identität über ihre Krankenkasse einen Zugang zu TI-Messengern erhalten. Die Messenger sollen in Patientenportale, Praxisapps und digitale Ge­sundheitsanwendungen (DiGA) eingebunden werden. Außerdem soll das Gesundheitspersonal bei der Nut­zung der App mithilfe von Chatbots entlastet werden, so die Vision der Gematik.

cmk

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