Rückendeckung für Medizinstudierende

Mainz – Mit seinen heutigen Beschlüssen stellte sich der 128. Deutsche Ärztetag erneut hinter den ärztlichen Nachwuchs. Mit Nachdruck rief er das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf, Stellung zu den potenziellen Auswirkungen der Krankenhausreform auf das Medizinstudium und die medizinische Ausbildung zu beziehen.
Unklar seien die Befugnisse bezüglich der Beteiligung der Kliniken an der ärztlichen Ausbildung sowie die Auswirkungen einer möglichen Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft.
„Bei einer Veränderung der Krankenhauslandschaft müssen Folgebedingungen für die ärztliche Ausbildung entsprechend mitgedacht werden“, forderte das Ärzteparlament.
Es sollte vom Gesundheitsministerium klargestellt werden, inwieweit die möglichen Folgen der Reformen im Gesundheitswesen die ärztliche Ausbildung betreffen könnten und inwiefern die Verfügbarkeit qualitativer Ausbildungsorte garantiert werden kann.
Bereits zu Beginn des Ärztetages in Mainz hatten die Delegierten Bund und Länder aufgefordert, endlich die Ärztliche Approbationsordnung zu novellieren und sich auf die Finanzierung zu einigen.
Heute forderten sie zusätzlich die Regierung auf, die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Aussicht gestellte Erhöhung der Anzahl der Medizinstudienplätze auf eine geeignete und rechtssichere finanzielle Basis zu stellen. Sein ursprüngliches Vorhaben, die Erhöhung der Studienplatzzahlen aus dem Gesundheitsfonds zu finanzieren, führe zu ungerechter Verlagerung der Kosten auf die Beitragszahler und die Krankenkassen, argumentierte das Ärzteparlament.
Nichtsdestotrotz hält der 128. Deutsche Ärztetag eine Erweiterung der Kapazität an Studienplätzen für dringend notwendig. Bis 2030 gehe ein Großteil der heute noch aktiven Ärztinnen und Ärzte in Rente. Parallel dazu steige der Anteil der in Teilzeit tätigen Kolleginnen und Kollegen.
„Es liegt auf der Hand, dass ohne politische Eingriffe die ärztliche Versorgung im gesamten Bundesgebiet künftig nur noch mit massiven Einschränkungen bis gar nicht mehr gesichert werden kann“, so die Delegierten. Der jetzt zu beklagende Ärztemangel beruhe auf der Reduktion der Studienplätze seit 1992.
Zudem ergriff der 128. Deutsche Ärztetag heute erneut Partei für die Medizinstudierenden im Praktischen Jahr (PJ). Es sei notwendig, die Bedingungen schnellstmöglich zu verbessern. Dazu rief das Ärzteparlament die Verantwortlichen in den Ländern auf, ab sofort bis zum Eintritt der Gültigkeit der neuen Approbationsordnung (ÄApprO), die gegebenen rechtlichen Möglichkeiten vollumfänglich auszuschöpfen und den PJ-Studierenden eine einheitliche und mindestens der Höhe des maximal rechtlich möglichen Rahmens entsprechende Aufwandsentschädigung als Geldleistung zu zahlen.
Sachleistungen sollten von diesem Betrag nicht abgezogen werden. Diese Forderung wurde zuletzt auch durch den Aktionstag sowie die Petition der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd) „Ausbildung statt Ausbeutung: Endlich ein faires PJ im Medizinstudium!“ von mehr als 100.000 Unterschriften unterstützt.
Auch das Recht, sich krankzumelden, sollte durch die Trennung von Krankheits- und Fehltagen im PJ eingebaut werden, befand der Ärztetag. Die bestehende Regelung differenziert nämlich nicht zwischen Fehlzeiten, die ähnlich dem für Arbeitnehmer gesetzlich vorgeschriebenen Urlaub zugestanden werden, und Krankheitstagen.
Die bestehende Härtefallregelung sei unzuverlässig und intransparent und drohe für Studierende, in der Nichtanerkennung eines gesamten Tertials und damit der Verzögerung des Abschlusses um sechs bis zwölf Monate zu münden.
Generell forderte der 128. Deutsche Ärztetag 2024 die beteiligten Ministerien und Kostenträger auf, die Ausbildung von Studierenden und die Weiterbildung von Ärzten vor steigendem Druck der zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitssystems zu schützen.
Die medizinischen Fakultäten forderte das Ärzteparlament vor dem Hintergrund der Teillegalisierung von Cannabis auf, Suchtmedizin stärker in die Lehre zu integrieren. Zudem sollte der Umgang mit Patientinnen und Patienten mit Behinderung stärker in der Lehre abgebildet werden.
Kritik übte der Ärztetag bezüglich einer Kommerzialisierung der medizinischen Ausbildung, insbesondere der Prüfungsvorbereitung zu den Staatsexamina aus. Er forderte das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) auf, zukünftig mit allen staatlichen und nicht-kommerziellen Akteuren zu kooperieren, die hochwertige Examensvorbereitungsangebote ohne finanzielles Gewinnstreben entwickeln wollen.
Zudem solle es den Fokus bei den kommenden Staatsexamensprüfungen verstärkt auf Prüfungsinhalte legen, die für den späteren ärztlichen Beruf relevant sind. In den vergangenen Jahren gab es nämlich aus der Studierendenschaft vermehrte Kritik an sogenannten „Kolibrifragen“, welche spezifisches Fachwissen zu seltenen Erkrankungen abprüfen.
Ferner forderte der 128. Deutsche Ärztetag die Fakultäten, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und das die Fach- und Rechtsaufsicht ausübende Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf, sich mit dem Arbeitsschutz und der sozialen Sicherung von Medizinstudierenden, die bereits an ihrer Promotion arbeiten, bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheit zu beschäftigen und für eine klare rechtliche Regelung zu sorgen.
Insbesondere müsse sichergestellt sein, dass die studienbegleitend Promovierenden bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit während der Medizinpromotion nicht jahrelang ohne Leistungen bleiben, wenn es zu Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung komme.
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