Politik

Krankenhausreform: Neue Regelungen zu Finanzierung und Leistungsgruppen vorgelegt

  • Freitag, 17. November 2023

Berlin – Die Weiterentwicklung des geplanten neuen Finanzierungssystems sowie weitere Regelungen zu den vorgesehenen Leistungsgruppen sind in einem überarbeiteten Arbeitsentwurf des Krankenhausversorgungs­verbesserungsgesetzes (KHVVG) im Vergleich zu einem bisher bekannten Entwurf angepasst worden.

Dieser aktuelle Arbeitsentwurf wird als Grundlage der angekündigten Bund-Länder Runde in der kommenden Woche dienen. Klar ist, im Entwurf sind auch Regelungen enthalten, die den Forderungen der Länder etwas entgegenkommen. Diese hatten sich vor einigen Tagen per Brief bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über den laufenden Reformprozess beschwert. Darin hieß es, das Gesetz müsse so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. Außerdem bemängelten die Länder eine bislang unzureichende Planungshoheit.

Die größte Änderung im nun bekannt gewordenen Entwurf ist vermutlich die Weiterentwicklung des neuen Finanzierungssystems. Die Krankenhausreform sieht neben der Einführung von Leistungsgruppen und sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen künftig Vorhaltepauschalen vor, die künftig mindestens 60 Prozent der Krankenhausfinanzierung ausmachen sollen. Der Rest soll weiterhin durch diagnosebezogene Fallpauschalen (DRG) finanziert werden.

Klargestellt wird jetzt, dass für die Vorhaltepauschalen bundeseinheitliche Beweertungsrelationen zugrunde gelegt werden. Vorgesehen ist zudem, dass auch die Planfallzahl oder die tatsächlichen Fallzahlen, die ein Krankenhaus hinsichtlich einer Leistungsgruppe leistet, bei der Berechnung der Vorhaltepauschalen berücksichtigt werden. Zudem gibt es Anpassungen des geplanten Vorhalte-Casemixindex.

Dieser soll aus Leistungsdaten ermittelt werden und als Durchschnitt der Vorhaltebewertungsrelationen in einer jeweiligen Leistungsgruppe gebildet werden. Die Berechnung der jeweiligen Vorhaltepauschalen je Leistungsgruppe soll folgendermaßen funktionieren: Die Fälle werden mit diesem Durchschnitt multipliziert und das Produkt durch alle Krankenhausstandorte eines Landes in der jeweiligen Leistungsgruppe geteilt.

Einige Leistungsbereiche erhalten zusätzliches Geld

Allerdings sind auch zusätzliche Förderungen in bestimmten Leistungsgruppen ab 2027 vorgesehen. So sollen die Leistungsgruppen Pädiatrie mit jährlich 288 Millionen und die Geburtshilfe mit 120 Millionen Euro weiterhin zusätzlich gefördert werden. Diese Summen standen bereits fest. Neu sind die Zusatzförderungen für die Bereiche der Stroke Unit (35 Millionen Euro), Spezielle Traumatologie (65 Millionen Euro) und Intensivmedizin (30 Millionen Euro).

Krankenhäuser, die an der Notfallversorgung teilnehmen, sollen zudem ebenfalls zusätzliches Geld erhalten. Für alle Standorte, die an den Notfallstufen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) teilnehmen, sind dafür ab 2027 jährlich 33 Millionen Euro vorgesehen, heißt es in dem Entwurf.

Krankenhäuser dürfen ab 2027 keine Leistungen abrechnen, für die sie keine Leistungsgruppe zugewiesen bekommen haben. Neu ist allerdings eine wichtige Ausnahme. Für die Behandlung von Notfallpatientinnen und -patienten soll dieses Abrechnungsverbot nicht gelten.

Bei den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen soll es künftig zudem ein finanzielles Gesamtvolumen geben, das in drei verschiedene Entgelte sachgerecht aufzuteilen ist. Zum einen krankenhausindividuelle Tagesentgelte, verringerte Tagesentgelte für die Fälle, in denen ärztliche Leistungen durch einen niedergelassenen Arzt oder Ärztin erbracht werden sowie weitere Tagesentgelte, sowie es für eine sachgerechte Vergütung erforderlich ist.

Bundesländer erhalten mehr Verantwortung bei Entscheidung über Koordinierung

Für Krankenhäuser, die Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben übernehmen, ist bundesweit eine Förderung in Höhe von 125 Millionen Euro jährlich vorgesehen. Wichtig ist zudem, dass die Bundesländer bei der Zuweisung von Kliniken, die diese Aufgaben übernehmen sollen, mehr Verantwortung erhalten sollen. So sollen sie dies künftig nicht mehr im Einvernehmen, sondern nur noch im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen entscheiden dürfen. Das war eine der maßgeblichen Forderungen der Länder an den Bund. Die Vernetzungsaufgaben der Krankenhäuser sollen künftig zudem nicht nur etwa für telemedizinische Versorgungsangebote sondern auch hinsichtlich informationstechnischer Systeme und digitaler Dienste gelten.

In einem ersten Schritt sollen die 64 Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen plus fünf weitere Leistungsgruppen gelten sowie die Qualitätskriterien, die im Krankenhausplan NRW 2022 veröffentlicht worden sind. In einem zweiten Schritt soll es eine Rechtsverordnung des Bundes mit einer weiterentwickelten Definition von Leistungsgruppen und zugrundeliegenden Qualitätskriterien geben. Bis diese Rechtsverordnung allerdings in Kraft tritt, sollen Kooperationen und Verbünde bei der Einhaltung von Qualitätskriterien einer Leistungsgruppe zulässig sein. So können mehrere Krankenhausstandorte sich die Qualitätsanforderungen einer Leistungsgruppe quasi aufteilen. Auch das war eine Forderung der Länder.

Leistungsgruppen können ohne die erforderlichen Qualitätskriterien zugewiesen werden, wenn dies zur „Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung zwingend erforderlich ist“. Hierfür sollen der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) entsprechende Kriterien erarbeiten, wann diese Voraussetzung der Sicherstellung erforderlich ist.

Kommt keine solche Vereinbarung zustande, entscheidet die Schiedsstelle. In dieser neu gefassten Regelung wird Abstand von den bisher geltenden Sicherstellungszuschlägen des G-BA genommen, eine entsprechende Definition sollen stattdessen die Partner der Selbstverwaltung übernehmen. Maßgeblich soll die Erreichbarkeit von Schwerpunkt- und Maximalversorgern hierfür eine Rolle spielen.

Maximal zwei Jahre Ausnahmemöglichkeit bei Qualitätskriterien bleibt bestehen

Weitere Unzufriedenheit der Länder könnte hingegen geschürt werden, dass die maximale Ausnahmemöglichkeit bei der Zuweisung von Leistungsgruppen - wenn Qualitätskriterien nicht erfüllt sind – bei zwei Jahren erst einmal bleibt. Wenn allerdings temporär absehbar ist, dass Qualitätskriterien weniger als drei Monate nicht erfüllt werden können, kann die Landesbehörde dem Krankenhaus eine Frist von bis zu drei Monaten geben, um die Kriterien wieder zu erreichen.

Klargestellt wird zudem im aktuellen Entwurf, dass kein Anspruch auf die Zuweisung einer Leistungsgruppe bestehe, auch wenn etwa die notwendigen Qualitätskriterien in einem Krankenhaus vorhanden sind. Die Landesplanungsbehörden sollen diese Entscheidung der Zuweisung treffen dürfen. Neben den Qualitätskriterien sollen zudem die Bedarfsgerechtigkeit oder auch die Erfüllung der Anforderung von Personalbemessungssystemen für die Ärzteschaft herangezogen werden, heißt es in der Begründung des Entwurfs. In diesem Zuge wird auch das ärztliche Personalbemessungsinstrument der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK) erwähnt. Allerdings sieht der Entwurf derzeit keine verpflichtende Einbindung des Instruments vor. Diese Forderung hatte die Ärzteschaft kürzlich geäußert.

Geändert haben sich im Vergleich zur bisherigen Fassung zudem einige Fristen. So erhält der vom BMG geplante Ausschuss zur Weiterentwicklung der Leistungsgruppen und entsprechende Qualitätskriterien vier statt zwei Monate Zeit, um eine Geschäftsordnung zur Arbeitsweise, Besetzung und Beschlussfassung zu erarbeiten. Der Ausschuss soll in gleicher Zahl besetzt sein mit Vertretern der Kassen, der DKG, der BÄK sowie der Berufsorganisationen der Pflege.

Krankenhäuser sollen künftig sechs statt vier Wochen Zeit erhalten, Unterlagen mit personen- und einrichtungsbezogenen Daten an den Medizinischen Dienst zu übermitteln. Auch der medizinische Dienst selbst erhält mehr Zeit und soll die Prüfungen der Kliniken mit einem Gutachten innerhalb von zehn statt acht Wochen abschließen.

cmk

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