Politik

Bayerns Pläne für Homöopathiestudie lösen Kritik aus

  • Mittwoch, 27. November 2019
Drei Flaschen mit Globuli gegen Grippe, Husten und Schnupfen. /thomas.andri, stock.adobe.com
Krankenkassen können im Rahmen der Selektivverträge Klassische Homöopathie Verträge abschließen, die die Erstattung einer homöopathischen Behandlung bei einem Vertragsarzt ermöglichen. /thomas.andri, stock.adobe.com

München – Anfang November hatte der bayerische Landtag beschlossen, eine Studie da­zu in Auftrag zu geben, ob mit Hilfe homöopathischer Präparate der Einsatz von Antibio­tika verringert werden kann. Die Studie ist Teil eines größeren Maßnahmenpaketes, mit dem die Initia­toren Todesfälle durch multi­re­sistente Keime vermeiden wollen. Fachleute sind entsetzt.

„Ich bin überrascht, dass die Studie in Auftrag gegeben wird und weiß nicht, welchen Mehrwert das bringen soll“, sagte Stephan Sieber von der Technischen Uni­versität Mün­chen. „In der Wissenschaft gibt es keine Belege dafür, das Homöopathie wirkt.“ Homö­o­pathie könne weder den Einsatz von Antibiotika reduzieren noch die Ab­wehrkräfte stär­ken, sagte der Professor für orga­nische Chemie.

Als besonders umstritten gilt ein Passus des Antrags, in dem einer homöopathischen Behandlung unter Berufung auf eine nicht näher genannte Studie ein Nutzen bei einer schweren Sepsis zugesprochen wird. „Das ist höchst gefährlich“, erklärte Sieber. „Bei einer schweren Sepsis muss die bakterielle Last gesenkt werden. Das geht mit Antibiotika“, so der Experte. „Der Nutzen einer homöopathischen Zusatzbehandlung ist nicht erkennbar.“

„Ich verstehe die Aufregung nicht“, sagt hingegen der CSU-Politiker Bernhard Seidenath. „Jeder keilt sich an dem Thema Homöopathie fest.“ Dieses komme nur am Rande vor und sei Teil eines größeren Maßnahmenpaketes, mit dem multiresistente Keime bekämpft wer­den sollen. Der Landtagsabgeordnete aus Dachau hatte daran federführend mitge­wirkt.

Seidenath betonte, man wolle „versuchen, alle Register zu ziehen, um die Wirksamkeit von Antibiotika zu erhalten und Resistenzen zu vermeiden“. Dafür dürfe nichts unversucht und nichts ununtersucht bleiben. Er hält das Geld für die Studie – Seidenath geht von rund 300.000 bis 400.000 Euro Kosten aus – für „sinnvoll investiert“.

Nun muss die bayerische Staatsregierung die Analyse in Auftrag geben. Einen Zeitplan gibt es nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch nicht. Aus der Behörde heißt es, nichts spreche gegen eine Studie, „sofern diese – vorzugsweise durch eine universitäre Einrichtung – nach wissenschaftlichen Kriterien konzipiert und durchgeführt wird“.

Ein Ministeriumssprecher räumte aber auch ein, dass die Wirksamkeit vieler homöopa­thi­scher Methoden nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht nachgewiesen sei. „Die Ergebnisse geben keine belastbaren Hinweise auf eine Wirksamkeit, welche über die bekannten positiven Placeboeffekte von Ritualen, Gespräch und Zuwendung hinaus­reichen.“

Homöopathie gehört in Deutschland nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Kran­kenversicherungen (GKV). Allerdings erstatten viele Krankenkassen Behandlungskosten für Naturheilverfahren über ihre Satzungsleistungen. Dies ist immer wieder Anlass für Debatten. In Frankreich sollen homöopathische Arzneimittel mangels erwiesener Wirk­samkeit ab 2021 nicht mehr erstattet werden.

Im Kampf gegen multiresistente Keime hatte Bayerns Staatsregierung 2017 einen Ak­tions­plan verabschiedet. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) setzt vor allem auf einen verantwortungsvollen und reduzierten Umgang mit Antibiotika. Auch Experte Sieber sagt: „Der Einsatz von Antibiotika lässt sich am wirksamsten dadurch verringern, dass sie zum Beispiel nicht bei viralen Infektionen eingesetzt werden.“

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung