Bayerns Pläne für Homöopathiestudie lösen Kritik aus

München – Anfang November hatte der bayerische Landtag beschlossen, eine Studie dazu in Auftrag zu geben, ob mit Hilfe homöopathischer Präparate der Einsatz von Antibiotika verringert werden kann. Die Studie ist Teil eines größeren Maßnahmenpaketes, mit dem die Initiatoren Todesfälle durch multiresistente Keime vermeiden wollen. Fachleute sind entsetzt.
„Ich bin überrascht, dass die Studie in Auftrag gegeben wird und weiß nicht, welchen Mehrwert das bringen soll“, sagte Stephan Sieber von der Technischen Universität München. „In der Wissenschaft gibt es keine Belege dafür, das Homöopathie wirkt.“ Homöopathie könne weder den Einsatz von Antibiotika reduzieren noch die Abwehrkräfte stärken, sagte der Professor für organische Chemie.
Als besonders umstritten gilt ein Passus des Antrags, in dem einer homöopathischen Behandlung unter Berufung auf eine nicht näher genannte Studie ein Nutzen bei einer schweren Sepsis zugesprochen wird. „Das ist höchst gefährlich“, erklärte Sieber. „Bei einer schweren Sepsis muss die bakterielle Last gesenkt werden. Das geht mit Antibiotika“, so der Experte. „Der Nutzen einer homöopathischen Zusatzbehandlung ist nicht erkennbar.“
„Ich verstehe die Aufregung nicht“, sagt hingegen der CSU-Politiker Bernhard Seidenath. „Jeder keilt sich an dem Thema Homöopathie fest.“ Dieses komme nur am Rande vor und sei Teil eines größeren Maßnahmenpaketes, mit dem multiresistente Keime bekämpft werden sollen. Der Landtagsabgeordnete aus Dachau hatte daran federführend mitgewirkt.
Seidenath betonte, man wolle „versuchen, alle Register zu ziehen, um die Wirksamkeit von Antibiotika zu erhalten und Resistenzen zu vermeiden“. Dafür dürfe nichts unversucht und nichts ununtersucht bleiben. Er hält das Geld für die Studie – Seidenath geht von rund 300.000 bis 400.000 Euro Kosten aus – für „sinnvoll investiert“.
Nun muss die bayerische Staatsregierung die Analyse in Auftrag geben. Einen Zeitplan gibt es nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch nicht. Aus der Behörde heißt es, nichts spreche gegen eine Studie, „sofern diese – vorzugsweise durch eine universitäre Einrichtung – nach wissenschaftlichen Kriterien konzipiert und durchgeführt wird“.
Ein Ministeriumssprecher räumte aber auch ein, dass die Wirksamkeit vieler homöopathischer Methoden nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht nachgewiesen sei. „Die Ergebnisse geben keine belastbaren Hinweise auf eine Wirksamkeit, welche über die bekannten positiven Placeboeffekte von Ritualen, Gespräch und Zuwendung hinausreichen.“
Homöopathie gehört in Deutschland nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Allerdings erstatten viele Krankenkassen Behandlungskosten für Naturheilverfahren über ihre Satzungsleistungen. Dies ist immer wieder Anlass für Debatten. In Frankreich sollen homöopathische Arzneimittel mangels erwiesener Wirksamkeit ab 2021 nicht mehr erstattet werden.
Im Kampf gegen multiresistente Keime hatte Bayerns Staatsregierung 2017 einen Aktionsplan verabschiedet. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) setzt vor allem auf einen verantwortungsvollen und reduzierten Umgang mit Antibiotika. Auch Experte Sieber sagt: „Der Einsatz von Antibiotika lässt sich am wirksamsten dadurch verringern, dass sie zum Beispiel nicht bei viralen Infektionen eingesetzt werden.“
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