Politik

Grüne übergeben Entscheidung zur Homöopathie an Fachkommission

  • Montag, 18. November 2019
Blick in einen Schrank auf Fläschchen mit homöopathischen Präparaten in der Praxis einer Heilpraktikerin. /picture alliance
Blick in einen Schrank auf Fläschchen mit homöopathischen Präparaten in der Praxis einer Heilpraktikerin. /picture alliance

Bielefeld – Bei den Grünen herrscht Uneinigkeit über ihre künftige Stellung zur Homö­o­pa­thie. Einem Anti-Homöopathie-Antrag folgten gleich mehrere Pro-Homöopathie-Anträ­ge. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Partei entschieden sich die Mitglieder am Wochenende in Bielefeld nun für einen Kompromissantrag: Das Thema werde an eine Fachkommission unter Beteiligung des Bundesvorstands übergeben, teilte Tim Niclas Demisch (Die Grünen) dem Deutschen Ärzteblatt mit.

In einer bundesweiten Mitgliederbefragung wurde das Thema Gesundheitspolitik und Ho­­möopathie unter die Top-5-Anträge gewählt und musste somit auf jeden Fall behan­delt werden.

Zur Abstimmung am Samstagnachmittag stand der mit dem Bundesvorstand, den grünen Gesundheitspolitikern im Bundestag und allen Antragstellern zu diesem Themenkomplex erarbeitete Kompromisstext. Der Vorschlag ging aus von Yatin Shah, Arzt in Potsdam und wird durch den Bundesvorstand und weitere eigenständige Anträge, eingereicht von Ul­rich Geyer, integrativ arbeitender Mediziner und Kay Müller, Leiter eines ambulanten Pfle­gedienstes, unterstützt.

Die Debatte ins Rollen gebracht hatte der Anti-Homöopathie-Antrag des Berliner Studen­ten Demisch. Mit einer Gruppe mehrerer Basismitglieder hatte er gefordert, die Sonder­rechte der Homöopathie durch das Arzneimittelgesetz, das fünfte Sozialgesetzbuch und weitere Rechts­vorschriften zu beenden oder zumindest kritisch zu überdenken.

Fachkommission der Grünen soll sich nicht nur mit Homöopathie befassen

Die Fachkommission soll jetzt die Weichen dafür stellen, die Fragestellungen ergebnis­offen zu behandeln und ein zukunftsfähiges gesundheitspolitisches Konzept für das grüne Grundsatzprogramm zu erarbeiten. Die noch zu bildende Kommission soll sich im nächsten Jahr aber nicht nur mit der Homöopathie, sondern auch grundsätzlicher mit aktuellen Fragen um die Gesundheitspolitik und die Komplementärmedizin befassen.

Shah sagte bereits im Vorfeld: Es gelte das Recht der Beitragszahler und der Solidarge­mein­schaft, auf die Finanzierung menschengerechter Gesundheitspolitik einzufordern. Auch Müller stellte klar, dass das Interesse der Patienten Vorrang erhalten müsse.

„Wenn 72 Prozent derjenigen, die Homöopathie genutzt haben, gute Erfahrungen laut Forsa-Umfrage 2017 gemacht haben, dann gehört Homöopathie als alternatives Konzept in die grüne Gesundheitspolitik und macht auch aus versorgungswissenschaftlicher Sicht einen Sinn“, sagte der Dozent für Gesundheits- und Pflegeberufe und Leiter eines ambu­lante Pflegdienstes aus Halle/Saale.

Der Heidenheimer Arzt Ulrich Geyer betonte zudem: „Eine Vielzahl von Studien und Meta-Analysen konnten eine Wirksamkeit der Homöopathie zeigen.“ Den vom bayerischen Land­tag in der vergangenen Woche gefassten Beschluss, eine klinische Studie zur Homö­o­pathie durch­zuführen, um die Resistenzbildung durch unnötigen Antibiotika-Einsatz zu verhindern (Drucksache 18/4286), sieht Geyer als „starkes Zeichen für eine patienten-zen­trierte Medizin, die das Beste aus zwei Welten vereint.“

Antragstellerin Paula Piechotta hält die Entscheidung des Bayrischen Landtags hingegen für „mehr als fragwürdig“. „In den letzten Monaten hat in unserer Partei die Debatte Fahrt aufgenommen, ob wir nur dann glaubwürdig in der Klimapolitik wissenschaftliche Fakten als politische Entscheidungsgrundlage einfordern können, wenn wir dies in allen The­men­feldern als Maßstab an unsere Politik anlegen“, gibt Piechotta zu Bedenken.

„Die Debatte in der SPD, in der CDU, in der FDP und auch in der Linkspartei begrüßen wir ausdrücklich, weil wir die Problematik der gesetzlichen Förderung von homöopathischen und anderen pseudomedizinischen Behandlungsmethoden nur gemeinsam lösen können“, ergänzte Demisch.

In der Expertenkommission der Grünen würden jetzt unter anderem Positionen erarbei­tet, welche Leistungen durch die gesetzliche Krankenverischerung in einer modernen, auf­geklärten Gesellschaft erstattet werden sollen und welche Deklarationspflichten man im Sinne eines starken Patientenschutzes anstrebe, erläutert der Berliner Student und Initiator des Anti-Homöopathie-Antrags.

gie

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung