Politik

Digitalisierungs­gesetze im Bundestag beschlossen

  • Donnerstag, 14. Dezember 2023
/picture alliance, Michael Kappeler
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Berlin – Der Bundestag beschloss heute sowohl das Digitalgesetz (20/9048) als auch das Gesundheits­datennutzungsgesetz (20/9046) mit den Stimmen der Ampelkoalition gegen die Stimmen der AfD bei Stimmenthaltung der CDU/CSU. Die Gesetzesvorlagen wurden zuvor in der parlamentarischen Beratung noch an zahlreichen Stellen verändert und ergänzt.

Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor der Abstimmung im Bundestag betonte, brächten die Inhalte der Gesetze „ganz konkreten Nutzen“ für Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte. Die verstärkte Nutzung von Gesundheitsdaten, insbesondere per elektronischer Patientenakte (ePA) werde zu „einer besseren und effizienteren Medizin“ führen.

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz greife wie ein „Zahnrad“ in die ePA-Regelungen, so Lauterbach. Künftig werde man über bessere Daten als beispielsweise der in dieser Hinsicht in der Vergangenheit oft positiv hervorgehobene englische Gesundheitsdienst NHS verfügen – dies stelle, neben einer besseren Versorgung, auch einen Standortvorteil für Deutschland bei der Forschung dar.

Die beiden Digitalisierungsgesetze werde man mit dem geplanten Medizinforschungsgesetz und der vorgesehenen Umstrukturierung der Gematik begleiten, erläuterte der Bundesgesundheitsminister. All dies zusammengenommen werde konkrete Verbesserungen im Versorgungsalltag bewirken und stelle „keine abstrake Angelegenheit“ dar.

Von der Opposition kam allerdings Kritik. CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel betonte zwar, die Unionsfraktion unterstütze grundsätzlich die Zielrichtung der Gesetze. Mit ihnen würde die bereits in der vorhergehenden Legislaturperiode eingeleitet digitale Transformation des Gesundheitswesen fortgesetzt. Allerdings wiesen die Regelungen „inhaltliche Schwächen“ auf, weshalb man sich enthalte.

Rüddel verwies hierzu beispielhaft auf die vorgesehene Einpflegung von unstrukturierten Daten in die ePA. Solche Daten seien nicht gezielt durchsuchbar und verursachten so mehr Aufwand in den Praxen als Nutzen zu stiften. Auch müsse das elektronische Rezept (E-Rezept) „praxistauglicher und zeitsparender“ gemacht werden.

Generell sollten die Niedergelassenen im Bereich der Digitalisierung „mit wachsenden Aufgaben auch wachsende Unterstützung“ erfahren – etwa mit einem entsprechenden Fördergesetz analog zu den Krankenhäusern, so Rüddel.

Man nehme mit dem Gesetzespaket ein „grundsätzliches Update“ des Gesundheitswesens vor, sagte Janosch Dahmen (Grüne). Patienten könnten nun über ihre eigenen Daten verfügen, aus seiner Sicht ein wesentlicher Beitrag zum „Datenschutz-Patientenrechte-Empowerment“. In Richtung Rüddel betonte er, man könne mit der Nutzung auch zunächst noch unstrukturierter Daten nicht länger warten – zumal auch diese, wie etwa im Falle eines Röntgenbildes, durchaus Sinn machten. Die abwartende Mentalität habe Deutschland bezüglich eines digitalisierten Versorgungssystem „in den Rückstand getrieben“.

Mehr Selbstbestimmung

Ähnlich argumentierte Andrew Ullmann (FDP): Man sorge mit der ePA für mehr Selbstbestimmung und zugleich für eine Stärkung der Diagnose- und Therapiesicherheit. Die Datensicherheit habe man dabei, dies wurde von Abgeordneten der Linken kritisiert, keineswegs aus den Augen verloren. Es gebe hierzu klare Regelungen und Standards.

Auch die Sorgen bezüglich des in den Praxen entstehenden Aufwandes der Befüllung der ePA seien „unbegründet“, sicherte Ullmann zu. Im Gegenteil ergäben sich auch für Leistungserbringer Vorteile im Hinblick auf ein effizienteres Arbeiten.

SPD-Gesundheitspolitikerin Heike Baehrens sprach von einem der „größten Fortschrittsprojekte“ der Ampel. Die Etablierung einer einheitlichen Dateninfrastruktur gekoppelt mit klaren Datenschutz und -sicherheitsregelungen werde entscheidend dazu beitragen, das Potenzial der Digitalisierung zu nutzen.

„Zug um Zug“ werde der Nutzen im Versorgungsalltag spürbar, bis dahin sei noch „etwas Geduld“ erforderlich, so Baehrens. Sie äußerte sich zuversichtlich, dass die „großen Vorteile“ der ePA bald auch Skeptiker überzeugen.

Das Digitalgesetz sieht unter anderem vor, dass Anfang 2025 die ePA für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet und zugleich auf das Widerspruchsverfahren (Opt-out) umgestellt wird. Wer die Akte nicht nutzen möchte, kann widersprechen. In der ePA können medizinische Befunde und Informationen aus Untersuchungen und Behandlungen gespeichert werden. Das elektronische Rezept (E-Rezept) soll bereits ab dem 1. Januar 2024 als verbindlicher Standard etabliert werden. Umfangreicher genutzt werden sollen die Telemedizin und Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA).

Mit dem GDNG sollen Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke leichter und schneller nutzbar gemacht werden. Dazu wird eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgebaut.

Den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen wird die stärkere Nutzung ihrer Daten ermöglicht, wenn dies der besseren Versorgung dient, beispielsweise der Arzneimitteltherapiesicherheit oder der Erkennung von Krebserkrankungen oder seltenen Erkrankungen. Für die Datenfreigabe aus der ePA wird ebenfalls ein Widerspruchsverfahren eingeführt, um die Daten für Forschungszwecke besser nutzbar zu machen.

aha

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