G-BA: Allgemeinmediziner sollen kein Cannabis mehr verordnen dürfen

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) plant Änderungen bei der Regulierung von medizinischem Cannabis. In einem Stellungnahmeverfahren können Fach- und Branchenverbände nun auf Vorschläge des Gremiums für eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) reagieren.
Unter anderem sollen Allgemeinmediziner kein Cannabis mehr verordnen dürfen. Die Verordnung von medizinischem Cannabis könnte damit künftig restriktiver gehandhabt werden als bisher.
Der G-BA schlägt in seinem Beschluss zum Stellungnahmeverfahren vor, in die AM-RL einen neuen Paragrafen einzufügen, wonach die Verordnung von Cannabisarzneimitteln nur noch für gesetzlich Krankenversicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist.
Voraussetzung ist demnach, dass „eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung“ nicht zur Verfügung steht. Außerdem müsse eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehen.
Bisher konnten Ärzte auch eine begründete Einschätzung abgeben, dass sie andere Therapieoptionen ausgeschöpft haben und für nicht geeignet erachten.
Außerdem sollen Ärzte verpflichtet werden, bei einer Therapie mit Cannabisarzneimitteln „die Zweckmäßigkeit einer Weiterbehandlung innerhalb der ersten drei Monate engmaschig und anschließend in regelmäßigen Abständen zu beurteilen“. Die verordnenden Ärzte müssten dann Art, Dauer und Ergebnis des Einsatzes von Cannabisarzneimitteln in der Patientenakte dokumentieren.
Auch beim sogenannten Genehmigungsvorbehalt könnte sich etwas ändern: Bisher dürfen die Krankenkassen die Erstattung bei der ersten Verordnung für einen Versicherten laut Gesetz nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Davon machen sie ausgiebig Gebrauch: Unterschiedlichen Erhebungen zufolge werden bundesweit zwischen einem Viertel und einem Drittel der Kostenübernahmeanträge für Cannabistherapie abgelehnt.
Der G-BA schlägt nun eine neue Formulierung zum Anspruch auf Versorgung mit Cannabisarzneimitteln vor: Demnach bedarf die Verordnung von Cannabisarzneimitteln bei der ersten Verordnung einer Genehmigung der Krankenkasse. Die Genehmigung sei dann zu erteilen, wenn die Voraussetzungen zur Leistungsgewährung erfüllt sind. Lediglich in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) soll es den G-BA-Vorschlägen zufolge keine Genehmigungspflicht mehr geben.
Die vielleicht größte Änderung könnte jedoch mit Blick auf die verordnenden Ärzte anstehen: Demnach sollen Allgemeinmediziner künftig kein Cannabis mehr verordnen dürfen. Stattdessen sollen künftig nur noch Fachärzte mit bestimmter Qualifikation bei bestimmten Indikationen verordnen dürfen.
So dürften beispielsweise bei Epilepsie und Migräne nur noch Fachärzte für Neurologie oder bei Darmkrankheiten nur Fachärzte für Innere Medizin und Gastroenterologie verschreiben. In den meisten Indikationen sind es mehrere Facharztgruppen, beispielsweise Fachärzte für Neurologie sowie solche für Psychiatrie und Psychotherapie bei ADHS.
Außerdem sollen Blüten künftig nur noch die letzte Option sein: Vor einer Verordnung müsse der Arzt prüfen, ob andere Cannabisarzneimittel wie Extrakte zur Behandlung geeignet sind. Eine Verordnung von Blüten müsste demnach dann besonders begründet werden.
Den Beschluss zur Aufnahme des Stellungnahmeverfahrens hat der G-BA am 25. Oktober gefällt. Stellungnahmeberechtigt sind neben mehreren Pharmaverbänden auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkDÄ) und die Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Als Frist zur Stellungnahme sieht der G-BA vier Wochen vor. Die Ergebnisse des Verfahrens sollen dann von den Gremien des G-BA ausgewertet werden und in die weiteren Beratungen einfließen. Ziel der Beratungen ist es, einen Beschlussvorschlag ins Plenum zu bringen.
Wie lange es vom Ende des Stellungnahmeverfahrens bis zu einem Beschluss des Plenums dauern wird, könne im Moment noch nicht abgeschätzt werden, erklärt eine Sprecherin des G-BA auf Anfrage.
Allerdings drängt die Zeit, denn Auslöser des Verfahrens ist das „Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“, besser bekannt als das „Cannabis-als-Medizin-Gesetz“: Mit ihm wurde das BfArM beauftragt, eine nicht interventionelle Begleiterhebung durchzuführen.
Deren Ergebnisse wiederum musste das BfArM wiederum an den G-BA übermitteln, damit der auf Basis der Auswertungsergebnisse das Nähere zur Leistungsgewährung in seinen Richtlinien regelt. Die Begleiterhebung hatte das BfArM Anfang Juli vorgestellt – das gelte auch als Zeitpunkt der Übermittlung der Daten an den G-BA. Ab da hat er sechs Monate Zeit, sich auf die neuen Regelungen zu einigen.
„Der G-BA ist bemüht, die gesetzliche Frist zur Regelung des Näheren zur Leistungsgewährung durch eine Beschlussfassung Anfang des nächsten Jahres einzuhalten“, erklärt die Sprecherin. „Nach abschließender Beschlussfassung und Inkrafttreten der Vorgaben in der Arzneimittel-Richtlinie werden diese dann bei der Verordnung von Cannabis-Arzneimittel zu berücksichtigen sein.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: