Kassenärztliche Vereinigungen halten Honorarsteigerung für zu gering

Berlin – Die Steigerung des Orientierungswertes von zwei Prozent und die Abschaffung der Neupatientenregelung bewegen weiter die Gemüter der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Die Ärzte zeigten sich nach der Honorarentscheidung von gestern wenig begeistert.
„Zwei Prozent auf den Orientierungspunktwert sind ein Hohn“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Hamburg, John Afful. Der Schiedsspruch bilde weder die Leistungsentwicklung der vergangenen Jahre in den ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen ab, noch kompensiere er die massiv steigenden Kosten für Personal und Energie. Letztlich bedeute diese Entscheidung eine weitere massive Schwächung der ambulanten Versorgung.
„Ganz offensichtlich hat sich der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) bei seiner Entscheidung eher von der aktuellen Finanzlage der Krankenkassen als von den Versorgungsanforderungen der Versicherten in unserem Land leiten lassen“, sagte Afful.
Der Behandlungsbedarf in einer dynamisch alternden Gesellschaft steige naturgemäß. Eine defizitäre Finanzierung führe aber zwangsläufig zu Leistungskürzungen, zu längeren Wartezeiten und Aufnahmestopps.
„Gerade vor dem Hintergrund einer weiterhin sehr starken Budgetierung bremst ein solcher Schiedsspruch all die vielen Praxen aus, die für ihre Patientinnen und Patienten täglich an ihre Leistungsgrenzen und darüber hinaus gehen“, ergänzte KVH-Vize-Chefin Caroline Roos.
„Wir müssen uns fragen, wie wir zukünftig unser Gesundheitssystem finanzieren wollen. Hilflose Leistungskürzungen mit der Brechstange, wie etwa der Wegfall der Neupatientenregelung oder jetzt der Schiedsspruch zu Lasten der Patienten und der Praxen, sind definitiv der falsche Weg.“
Peter Noack, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), sprach von einem „Witz“ – über den er „jedoch nicht lachen“ könne. „Die Personal- und Betriebskosten explodieren. Die massiv steigende Inflation macht auch vor den Arztpraxen nicht halt“, sagte er. Die beschlossene Steigerung bilde die Kostensteigerungen nicht im Entferntesten ab. Im Gegenteil, die Krankenkassen sparen den ambulanten Sektor kaputt.“
Gleichzeitig wolle Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auch noch die Neupatientenregelung abschaffen. Gerade diese Regelung werde im Land Brandenburg jedoch sehr viel genutzt.
Sollte die Neupatientenregelung fallen, werde die Qualität der ambulanten Versorgung leiden“, sagte Annette Rommel, erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen. „Wir appellieren an die Landespolitiker, diesem Irrsinn in der morgigen Bundesratssitzung ein deutliches Stopp-Signal zu geben“, sagte sie. Morgen ist Bundesratssitzung in Berlin.
Rommel mahnte nun dringend zusätzliche Lösungen an, „um Praxen, die besonders stark unter den gestiegenen Energie- und Heizkosten leiden, zu unterstützen, um die flächendeckende Versorgung zu sichern“.
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