Honorarverhandlungen: Ärzte bekommen etwas mehr Geld

Berlin – Die niedergelassenen Ärzte erhalten für das kommende Jahr etwas mehr Geld. Der Orientierungswert für 2023 steigt um zwei Prozent auf 11,4915 Cent (2022: 11,2662 Cent). Der Schiedsspruch fiel heute in der dritten Runde der Honorargespräche zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband im Erweiterten Bewertungsausschuss (EBA) mit fünf zu vier Stimmen gegen das Votum der Ärzteschaft.
Dem Vernehmen nach hatte der Vorsitzende des EBA, Jürgen Wasem, gestern einen Diskussionsvorschlag von 2,5 Prozent Honorarsteigerung vorgelegt. Das hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in einer internen Sitzung mit 16:1-Stimmen abgelehnt, wie das Deutsche Ärzteblatt aus gut informierten Kreisen erfuhr.
Die KVen hätten dem Vorschlag nur zugestimmt, wenn es einen Energiekostenausgleich insbesondere für energieintensive Praxen für dieses und einen Inflationsausgleich für das nächste Jahr gegeben hätte. Damit konnten sich die Ärzte in den Verhandlungen heute nicht durchsetzen.
Die beschlossenen zwei Prozent Veränderungsrate des Orientierungswerts – das entspricht etwa einem Zuwachs von 780 Millionen Euro – sind zwar ein Abschluss, welcher die in den vergangenen Jahren erzielten Steigerungsraten übersteigt.
Dennoch sind die Ärzte nicht zufrieden und haben heute gegen den Beschluss gestimmt. „Wir konnten uns nicht durchsetzen mit unseren Forderungen“, sagte KBV-Chef Andreas Gassen dem Deutschen Ärzteblatt nach den Gesprächen beim GKV-Spitzenverband in Berlin.
Die Kassenseite hätte an der Systematik für die Steigerung des Orientierungswertes festgehalten, die immer die Vorjahre in den Blick nehmen. Ein Jahr wie 2022 mit einer Inflation, die sich in zweistelligen Dimensionen hält, werde dem System aber „nicht mehr gerecht“, so Gassen. Eine Klage gegen den Beschluss schloss er heute aus. Diese sei nur formal möglich.
„Ein Plus von zwei Prozent beim Orientierungswert ist viel zu wenig und deckt nichts an Kosten adäquat ab“, sagte Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender. Man könne es nicht oft genug sagen: Es gehe um den Erhalt der Struktur der ambulanten Versorgung und um die Finanzierung von Leistungen für die Gemeinschaft der über 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. „Vor diesem Hintergrund war das heute eine bittere Enttäuschung“, erklärte Hofmeister.
Die KBV-Vorstände wiesen darauf hin, dass die Praxen enorme Kostensteigerungen unter anderem im Bereich Energie zu bewältigen hätten. Vor allem für die energieintensiven Fachgruppen müsse unbedingt noch in diesem Jahr ein Ausgleich erfolgen, erklärten Hofmeister und Gassen. Darüber wolle man mit den Krankenkassen noch gesondert sprechen.
„Die nun festgelegte Anpassung reicht noch nicht einmal aus, um die Mehrkosten durch die Tariflohnsteigerung in den Praxen im vergangenen Jahr auszugleichen“, monierte auch Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).
Seit dem 5. August verhandeln KBV und GKV-Spitzenverband über die Weiterentwicklung des Orientierungswertes und damit über die Preise für ärztliche und psychotherapeutische Leistungen für das Jahr 2023. Die KBV rechnete von Beginn an mit schwierigen Gesprächen.
Die Ärzteschaft wollte erreichen, dass die aktuellen Preissteigerungen in den Orientierungswert für das Jahr 2023 einfließen. Das gleiche gilt für die erheblichen Personalkostenbelastungen aufgrund des Wettbewerbs um Fachkräfte und der Tarifentwicklung bei Medizinischen Fachangestellten (MFA) ab dem Jahr 2021.
Die Krankenkassen waren mit Vorstellungen einer Nullrunde in die Gespräche gegangen. Hintergrund ist nicht zuletzt die schlechte Lage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die rechnet für das kommende Jahr mit einem Defizit von rund 17 Milliarden Euro.
Um das abzufangen hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ein Sparpaket auf den Weg gebracht. Das sieht Einsparungen auch bei den Ärzten vor, denen die Neupatientenregelung gestrichen werden soll. Dagegen laufen die Ärzte seit Wochen mit Protestaktionen Sturm. Gassen erklärte heute nach den Gespräche heute dazu, damit sei den Ärzten noch mal „aktiv in die Tasche gefasst worden“. Die Situation sei insofern „nicht einfach“.
Neben einer Demonstration vor dem Brandenburger Tor hat der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands eine Kampagne „#WartenBisDerArztKommt“ gestartet, um gegen die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) vorgesehenen Leistungskürzungen zu protestieren. Der Kampagne haben sich verschiedene Verbände und Ärzteorganisationen angeschlossen.
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