Ärzteschaft

KBV und Marburger Bund legen Reformkonzept für Notfallversorgung vor

  • Montag, 18. September 2017

Berlin – Ein Konzept für eine besser abgestimmte Notfallversorgung zwischen Kran­kenhäusern und niedergelassenen Ärzten haben heute in Berlin Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Marburger Bund (MB) vorgelegt. Künftig soll es demnach für Notfallpatienten nur noch eine zentrale Anlaufstelle in den Kranken­häusern geben.

Dort nimmt medizinisches Fachpersonal eine medizinische Ersteinschätzung vor, die bundesweit einheitlich und standardisiert ablaufen soll. Von dort werden die Patienten entweder in die Krankenhausambulanz, an den kassenärztlichen Bereitschafts­dienst oder in die reguläre Sprechstunde beim niedergelassenen Arzt verwiesen. Ziel ist, dass die Patienten dort behandelt werden, wo es der Schwere ihrer Erkrankung und der Dringlichkeit einer Behandlung entspricht.

Telefonnummern vernetzen

Um das zu erreichen, sollen auch die Notrufnummern des Rettungsdienstes 112 und die des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 stärker vernetzt werden. Nach dem Willen von KBV und MB soll die 116117 künftig rund um die Uhr erreichbar sein und nicht, wie derzeit, nur zu den sprechstundenfreien Zeiten. Unter dieser Nummer sollen Anrufer zusätzlich die Möglichkeit erhalten, sich von speziell fortgebildeten Ärzten medizinisch beraten zu lassen.

Die Ärzteorganisationen wollen, dass in Zukunft die medizinische Notwendigkeit über die angemessene Versorgungsebene entscheidet. Wirtschaftliche Interessen müssten dabei ebenso in den Hintergrund treten wie die Wünsche der Patienten, heißt es in dem Konzeptpapier. Seit Jahren steige in Deutschland die Zahl der Patienten, die sich zur Behandlung direkt in die Notfallambulanzen der Krankenhäuser begeben. Dabei seien viele Patienten keine echten Notfälle. Ihnen könne ebenso gut ein nieder­gelassener Arzt helfen. Die medizinische Entscheidungshoheit über die jeweils angemessene Notfallversorgung müsse wieder in die Verantwortung der Ärzteschaft zurückgeführt werden, heißt es.

Ärzte in den Notaufnahmen müssen entlastet werden

„Wir wollen das Thema ärztlich entscheiden. Schließlich kümmern sich die Nieder­gelasse­nen gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern um die Patienten“, erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen. Und Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des MB, sagte: „Wir wollen die Ärzte in den Notaufnahmen der Krankenhäuser entlasten, damit sie sich wieder um die Patienten kümmern können, die auf die Hilfe des Krankenhauses tatsächlich angewiesen sind. Gleichzeitig wollen wir für die Patienten, die ambulant bleiben können, durch eine klarere Strukturierung die Versorgung verbessern.“

Beide Organisationen betonten jedoch, dass bei der Einrichtung zentraler Anlaufstellen regionale Besonderheiten berücksichtigt werden müssten. So müsse es beispielsweise möglich sein, den ambulanten Notdienst auch tagsüber zu betreiben, wenn ein regionaler Bedarf bestehe.

Damit die Notfallbehandlung besser koordiniert werden kann, müssen nach Ansicht von KBV und MB auch die IT-Strukturen von Krankenhäusern und Arztpraxen besser vernetzt werden. Der Interoperabilität und dem Datentransfer von Befunden und Behandlungsabläufen komme eine entscheidende Rolle zu. Außerdem sollten die den zentralen Anlaufstellen nachgeschalteten KV-Bereitschaftspraxen regelhaft Labors und Röntgendiagnostik der Krankenhäuser nutzen können.

Die Patienten besser aufklären

Die Ärzteorganisationen sprechen sich zudem dafür aus, die Bevölkerung besser darüber aufzuklären, wann ein medizinischer Notfall vorliegt und wohin man sich als Patienten am besten wendet. Dabei könne zum Beispiel eine App helfen. Zusätzlich sollten über Aufklärungskampagnen die Notfallstrukturen bekannter gemacht werden. Damit das Notfallkonzept von KBV und MB umgesetzt werden könne, müsste der Gesetzgeber rechtliche Änderungen vornehmen. Außerdem müssten die neuen Strukturen angemessen finanziert werden, heißt es in dem Papier.

Das Konzept von KBV und MB kommt dem Vorschlag für eine Reform der Notfall­versorgung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen nahe. Der Sachverständigenrat hatte am 7. September aus einem laufenden Gutachtenverfahren berichtet. Auch dort sind eine einheitliche Rufnummer für Rettungs- und Bereitschaftsdienst sowie zentrale Anlaufstellen für die Patienten vorgesehen, an denen die Triage vorgenommen werden soll. Finanziert werden sollen die Notfallleistungen nach dem Willen des Rates ohne Mengenbegrenzung aus einem separaten Finanztopf.

HK

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