Krankenkassen verzeichnen für 2023 Defizit von 1,9 Milliarden Euro

Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat nach vorläufigen Finanzergebnissen im Jahr 2023 ein Defizit von rund 1,9 Milliarden Euro verbucht. Dies hänge maßgeblich damit zusammen, dass insgesamt 2,5 Milliarden Euro aus den Finanzreserven der Krankenkassen an den Gesundheitsfonds abgeführt worden seien, teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gestern mit. Der GKV-Spitzenverband warnte vor weiter steigenden Kosten für die Gesundheitsversorgung.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verwies darauf, dass für 2023 ein Defizit von 17 Milliarden Euro erwartet worden sei. Mit dem Finanzstabilisierungsgesetz sei es gelungen, „die Finanzlage der GKV zu stabilisieren“. Gleichwohl bleibe dies eine dauerhafte Aufgabe.
Lauterbach verwies in dem Zusammenhang auf die „große Krankenhausreform“, die in 2025 kommen soll und die bereits verabschiedeten Digitalgesetze. Dies seien wichtige Bausteine, „um durch Strukturreformen einerseits die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und andererseits die Finanzierbarkeit langfristig zu sichern“. Das verbleibende Defizit der Krankenkassen in 2023 sei aufgrund der Abführung von Kassenvermögen an den Gesundheitsfonds erwartet worden – die Kassen hätten damit einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung der GKV-Finanzen geleistet.
Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 304,4 Milliarden Euro standen den Angaben zufolge Ausgaben in Höhe von 306,2 Milliarden Euro gegenüber. Die Leistungsausgaben stiegen demnach um 5,2 Prozent, die Verwaltungskosten um 1,6 Prozent.
Der Gesundheitsfonds verzeichnete im Jahr 2023 ein Defizit in Höhe von 3,3 Milliarden Euro, wie das BMG weiter mitteilte. Die Liquiditätsreserve betrug demnach zum 15. Januar 2024 rund 9,4 Milliarden Euro.
Der GKV-Spitzenverband mahnte, die Politik dürfe sich „an die Beitragsspirale nicht gewöhnen, wir brauchen Reformen, die sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen für die gesetzliche Krankenversicherung stabilisieren“.
Schließlich gehe es „um die medizinische Versorgung von über 73 Millionen Menschen, die alle in einer gesetzlichen Krankenkasse sind“, sagte der Sprecher des Verbandes, Florian Lanz, zu AFP. „Wenn es so weitergeht wie bisher, dann war das Defizit des letzten Jahres nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommt.“ Die aktuellen Pläne für die Krankenhausreform und die geplante Geheimhaltung der Preise von neuen Medikamenten würden die Kosten für die Gesundheitsversorgung deutlich erhöhen.
Alle Kassenarten im Minus
Laut den vorläufigen Zahlen wiesen 2023 alle Kassenarten Überschüsse der Ausgaben aus. Dieser betrug bei den Ersatzkassen 1,1 Milliarden Euro, bei den Betriebskrankenkassen 363 Millionen Euro, bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen 225 Millionen Euro, bei der Knappschaft 122 Millionen Euro, bei den Innungskrankenkassen 24 Millionen Euro und bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse vier Millionen Euro.
Bei der anziehenden Ausgabendynamik wirkten sich laut BMG trotz der ausgabendämpfenden Maßnahmen des Finanzstabilisierungsgesetzes insbesondere auch inflationsbedingt höhere Ausgaben für Personal- und Sachkosten sowie Vergütungen der Leistungserbringer aus. In absoluten Zahlen stiegen die Ausgaben der Krankenkassen um 14,4 Milliarden Euro.
Maßgeblich beeinflusst wurde diese dynamischere Entwicklung durch die Aufwendungen für Krankenhausbehandlungen, die um rund 6,1 Milliarden Euro (plus sieben Prozent) im Vergleich zum Vorjahr wuchsen, so das Ministerium. Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen für 2023 nur um 1,7 Prozent gestiegen.
Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, erklärte zu den Zahlen, vor dem Hintergrund dieser Finanzergebnisse sei es für die Beitragszahlenden „nicht zumutbar, wenn Bundesgesundheitsminister Lauterbach einfach weitere, dauerhafte Kosten auf die GKV verlagern möchte.“ „Transformationsfonds Krankenhaus, Entbudgetierung Hausärzte, vertraulicher Erstattungsbetrag, Gesundheitskioske etc. sind mit der derzeitigen Kassenlage schlichtweg nicht zu machen.“
Eine nachhaltige Finanzierung sei nur mit echten Strukturreformen möglich, die auch wirklich die Versorgung für die Versicherten verbessern, betonte Klemm. Erschwerend komme hinzu, dass die Bundesregierung wiederholt deutlich gemacht hat, dass es keine Steuerzuschüsse für gesamtgesellschaftliche Aufgaben der GKV geben soll.
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