Ost-Regierungschefs wollen Änderungen bei Vergabe von Medizinstudienplätzen

Berlin – Die Ministerpräsidentin und die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer fordern mehr Freiheiten bei der Vergabe von Medizinstudienplätzen, um dem drohenden Ärztemangel zu begegnen.
Man stehe vor einem absoluten Dilemma bei der Gesundheitsversorgung, sagte Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und derzeitiger Vorsitzender der Konferenz der Ost-Ministerpräsidenten (MPK-Ost). Bis 2030 gingen die Hälfte der Inhaber von Arzt- und Zahnarztpraxen in den Ruhestand.
In mehreren Ländern wird bemängelt, dass viele junge Menschen, die aus anderen Teilen Deutschlands zum Studium in den Osten kommen, die Region nach dem Abschluss wieder verlassen.
Medizinstudienplätze im Osten müssten stärker mit Menschen aus den jeweiligen Ländern besetzt werden können, sagte Haseloff. „Die Ausbildung bei uns ja, danach wird die Region wieder verlassen“, betonte er bei der Pressekonferenz im Anschluss an die MPK-Ost.
Die Absolventen sollen nach dem Studium stärker gehalten werden. Ohne Änderung der bisherigen Praxis würden 50 Prozent der Arztpraxen in den nächsten zehn Jahren keinen Nachfolger finden, warnte der Regierungschef aus Sachsen-Anhalt. „Wir brauchen hier einen Aufbruch.“
Er brachte dafür eine andere Quotierung sowie eine Änderung der Staatsverträge ins Spiel. Auch die Einführung einer Landarztquote, die bereits in einigen Bundesländern gilt, sei ein Instrument, hieß es auf der Pressekonferenz.
„Wir wollen nicht, dass wir die Medizinerinnen und Mediziner, die wir hier vor Ort benötigen, über die Gründung von privaten Universitäten, an denen wir uns als Land auch beteiligen, einkaufen. Oder dass wir die deutlich günstigeren Studienplätze in Ungarn finanzieren und dort Stipendien aussprechen“, so Haseloff weiter.
Er spielt darauf an, dass es einige Bundesländer gibt, die Studienplätze mitfinanzieren, wenn sich die Absolventen im Anschluss an das Studium dazu verpflichten, für fünf Jahre oder länger in einem unterversorgten Gebiet zu arbeiten.
In den Beschlüssen der MPK-Ost findet sich diese Forderung allerdings nicht schriftlich. Unter dem Tagesordnungspunkt „Ländliche Räume in Ostdeutschland stärken“ erinnern die sechs ostdeutschen Länder die Bundesregierung daran, dass es „besonderen Handlungsbedarf zur Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen Ostdeutschlands“ gebe. Dies solle „im Rahmen einer kommenden Besprechung“ erneut auf der Tagesordnung stehen.
Die Vorschläge werden von vier Landesärztekammern – Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – zwar begrüßt. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in den östlichen Bundesländern, besonders im ländlichen Raum, teilweise am Limit bewegt", erklären die vier Kammern in einer gemeinsamen Mitteilung. „Der demografische Wandel bereitet hier ausgesprochen große Sorgen.“
Allerdings sei das notwendige Vorhaben, den Staatsvertrag aller Bundesländer über die Hochschulzulassung zu ändern und damit den Ländern mehr Freiheit und Verantwortung bei der Vergabe der Medizinstudienplätze zu geben „ein großes Vorhaben“. Bis dies soweit sei, müssten viele „zusätzliche Wege beschritten werden“.
Dazu zählten attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen, funktionierende Infrastruktur, ausreichend Wohnraum, Kitaplätze sowie Kulturstätten und Erholungsmöglichkeiten. Daher plädieren die vier Kammern „für einen Schulterschluss von Ärztekammern, Universitäten, Verwaltungen sowie Kommunen und Gemeinden“, um lohnende Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Fachkräfte zu schaffen. „Die Botschaft ist klar: Wir bilden aus und wollen davon stärker profitieren.“
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