Bundesministerien wollen Urteil zu Poolärzten prüfen

Berlin – Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zur Sozialversicherungspflicht eines Zahnarztes im Notdienst wollen das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) prüfen, welche Folgen es für den ärztlichen Notdienst hat.
Das BSG in Kassel hatte vorgestern im Fall eines Zahnarztes entschieden, der als Poolarzt regelmäßig Notdienste in einem von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZVBW) gestellten Notdienstzentrum übernommen hatte.
Die Rentenversicherung war davon ausgegangen, dass er selbstständig ist. Das Gericht entschied, dass er sozialversichert werden muss, da er eine „von dritter Seite organisierte Struktur“ vorgefunden habe, „in der er sich fremdbestimmt einfügte“.
„Der vertragsärztliche Notdienst hat zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung eine hohe Bedeutung“, teilte das BMG dem Deutschen Ärzteblatt dazu heute auf Anfrage mit. Die Bedeutung und Reichweite der Entscheidung zur Sozialversicherungspflicht will das Ministerium demnach prüfen.
Auch das BMAS kündigt auf Anfrage an, Bedeutung und Reichweite der Entscheidung prüfen zu wollen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Das kann jedoch noch einige Wochen dauern.
Gemeinsam hätten BMG und BMAS bereits im Juli das Thema „Erwerbsstatus von Bereitschaftsärzten“ mit betroffenen Verbänden erörtert, erklären beide Ministerien übereinstimmend. Der Dialog werde unter Berücksichtigung der Entscheidung fortgesetzt.
Demnach haben die Kassenärztlichen Vereinigungen zugesagt, Kennzahlen zu Verwaltungsaufwand und Vergütungsmodellen zu übermitteln. Das BMAS wiederum habe bei den Gesprächen insbesondere die bereits vorgenommenen Erleichterungen bei der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und die Eigenständigkeit des Arbeitsrechts gegenüber dem Sozialversicherungsrecht beleuchtet.
Zudem hätten die Vertreter des Ministeriums erläutert, dass Ärztinnen und Ärzte, die zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit Notdienst im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses leisteten, vielfach nur die geringen Sozialbeiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichten müssten. Im vorgestern verhandelten Fall hatte es sich jedoch um einen Zahnarzt gehandelt, dessen Arbeit im Notdienst seine einzige berufliche Tätigkeit war.
Patientenschützer warnen wegen des Urteils vor Einschnitten bei der bereitschaftsärztlichen Versorgung. „Das Modell des ärztlichen Notdienstes, der Praxis- und Hausbesuche rund um die Uhr ermöglicht, steht mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts auf tönernen Füßen“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) heute.
Er forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, als Dienstaufsicht der Kassenärztlichen Vereinigungen den Sicherstellungsauftrag unverzüglich herstellen zu lassen. „Gerade immobile oft pflegebedürftige Menschen sind auf eine häusliche Erreichbarkeit im Notfall angewiesen“, betonte Brysch.
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