Politik

Neue Verschlüsselung soll Performance der ePA in der Praxis verbessern

  • Mittwoch, 13. Dezember 2023

Berlin – Die Änderung der Sicherheitsarchitektur der elektronischen Patientenakte (ePA) soll nicht nur zu einem besseren Datenzugang für die Sekundärnutzung führen, sondern auch ihre Performance in den Praxisverwaltungssystemen (PVS) verbessern. Das werde ihre Akzeptanz in den Praxen erhöhen, erklärte Susanne Ozegowski, Leiterin der Abteilung Digitalisierung und Innovation im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), gestern in Berlin.

Mit dem Kabinettsbeschluss zum Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (Digitalgesetz, DigiG) und Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) hatte sich die Bundesregierung auch für Änderungen im Aufbau der ePA entschieden: Statt einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der auf ihr hinterlegten Daten soll deren Sicherheit nun in einem System der Datenverarbeitung in einer Vertrauenswürdigen Ausführungsumgebung (VAU) gewährleistet werden.

Durch das vorherige Design wäre ein Datenfluss zum Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur dann möglich gewesen, wenn die oder der Versicherte in der Benutzeroberfläche der ePA angemeldet ist, also die App oder Desktopanwendung aktiv nutzt.

Dieses Nadelöhr soll nun durch den Umbau der Sicherheitsarchitektur vermieden werden. Allerdings werde er auch Auswirkungen darauf haben, wie Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die ePA im Versorgungsalltag nutzen können.

Probleme in Praxisalltag

Da hake es derzeit noch massiv, erklärte Kristina Spöhrer, Vorstandsmitglied des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands sowie Leiterin von dessen Arbeitsgruppe Digitales.

Es sei schön, zu hören, was die ePA in Zukunft alles leisten soll. „Da spiegelt aber nicht meine Realität. Wir kämpfen mit 1.000 technischen Problemen“, erklärte Spöhr gestern beim Nationalen Digital Health Symposium der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF e.V.) in Berlin.

„Meine Verbindung zur Telematikinfrastruktur ist das Wartesymbol. Egal, welche Anwendung ich nutzen will, ich kann mir beim Laden einen Kaffee holen gehen.“ Solange das so bleibe, werde auch die ePA keinen Erfolg haben.

Sie wies den Vorwurf an die Ärzteschaft zurück, sich der Digitalisierung zu verweigern. Niemand verweigere sich in den Praxen digitalen Anwendungen, die einen Mehrwert haben – im Gegenteil: Keine Praxis arbeite heute zum Beispiel noch mit Karteikarten. „Ich würde behaupten, wenn die ePA funktioniert, verbreitet sie sich auch in den Praxen.“

Genau das werde passieren, versprach Ozegowski. Denn mit dem Umbau der ePA würde sich auch das Problem der langen Ladezeiten bessern: Aufgrund der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei es nämlich notwendig, Daten vor deren Bearbeitung auf das lokale Endgerät herunterzuladen, was meist zu diesen Wartzeiten geführt habe. Mit der Verarbeitung in der VAU werde sich das erübrigen.

Bernd Greve, Geschäftsführer der mio42 GmbH, die im Auftrag des Gesetzgebers sogenannte Medizinische Informationsobjekte (MIO) für die ePA entwickelt, stützte Ozegowskis Auffassung, dass es sich dabei um eine wesentliche Verbesserung der Nutzbarkeit handeln werde.

„Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ich begrüße die Änderung der Sicherheitsarchitektur“, erklärte er. Denn durch die Änderung der Verschlüsselungsweise würden sich auch für die MIO ganz neue Möglichkeiten ergeben. „Die Akte kann jetzt arbeiten“, betonte Greve und erklärte, dank der Änderungen könnten künftig direkt in der ePA Datenverarbeitungen vorgenommen werden, die zum Beispiel ermöglichen, Übersichten und Verläufe von Laborwerten automatisiert zu erstellen.

Wie schnell solche Zusatzfeatures den Anwendungswert der ePA in der Praxis erhöhen werden, lasse sich jedoch noch nicht sagen. Das könne noch dauern, denn die Kapazitäten seien begrenzt. „Die Kassen haben Dienstleister – bundesweit acht, neun Stück – die das nun umsetzen müssen“, unterstrich Greve.

Gleiches gelte für die PVS-Anbieter. Sie müssten nun erst einmal die für Anfang kommenden Jahres angekündigten Spezifikationen der Gematik abwarten und sie dann kommentieren, bevor sie mit dem Programmieren beginnen können.

Neben den Vorgaben zur Interoperabilität würden zudem die Rahmenverträge über Performancevorgaben, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) derzeit erarbeitet, helfen, mittels Transparenz die Anwenderfreundlichkeit für die Praxen zu erhöhen, hatte Ozegowski erklärt.

Das sei auch bitter nötig, unterstrich KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner und verwies auf die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), wonach unter den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten große Unzufriedenheit mit ihren PVS-Anbietern herrscht.

Es fehle an Qualitätsvorgaben für die PVS, die vom Gesetzgeber verbindlich festgeschrieben werden, beklagte sie: „Wir laufen genau in dieselbe Situation hinein, die wir bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und beim E-Rezept haben, nämlich dass wir sie einführen, ohne sie zuvor ausreichend zu testen.“

Steiner kritisierte, dass bisher stets zu technikzentriert debattiert worden sei. „Die Digitalisierung, vor allem die Primärdatennutzung, muss viel mehr aus ärztlicher und psychotherapeutischer Sicht betrachtet werden“, forderte sie. Statt über technische Einzelheiten zu diskutieren, müsse man künftig aus der Praxis heraus betrachten, welche Versorgungsprozesse wie optimiert werden könnten.

Unterstützung erhielt sie dafür von Thomas Meißner aus dem Deutschen Pflegerat. „Das Problem ist, dass wir in Deutschland den falschen Treiber haben. Es müsste die Sache an sich sein“, sagte er. Digitalisierung werde zu sehr in einzelnen Anwendungen gedacht und dabei nicht ausreichend betrachtet, welche Prozesse und Schnittstellen im Gesundheitswesen mit digitalen Mitteln besser verbunden werden könnten.

So erfahre zum Beispiel ein niedergelassener Arzt meist gar nicht oder erst zu spät, wenn ein Patient außerhalb seiner Sprechzeiten vom Pflegedienst in ein Krankenhaus gebracht wurde. Digitale Tools wären hier eine Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Leistungserbringern endlich zu verbessern, sagte er: „Die Digitalisierung ist die Chance, endlich intersektoral zu denken.“

lau

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