Politik

Krankenhausreform: Kommunale Spitzenverbände drängen auf Soforthilfen vom Bund

  • Montag, 15. Januar 2024
Reinhard Sager (l-r), Präsident des Landkreistages, Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, und Uwe Brandl, Präsident des Städte-und Gemeindebundes, auf der Pressekonferenz nach dem Gipfeltreffen mit Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbänden zur Krankenhausreform. /picture alliance, Carsten Koall
Reinhard Sager (l-r), Präsident des Landkreistages, Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, und Uwe Brandl, Präsident des Städte-und Gemeindebundes, auf der Pressekonferenz nach dem Gipfeltreffen mit Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbänden zur Krankenhausreform. /picture alliance, Carsten Koall

Berlin – Die Krankenhäuser in Deutschland benötigen sofortige finanzielle Hilfen vom Bund. Das forderten heute Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), und Reinhard Sager, Prä­sident des Deutschen Landkreistages (DLT), bei einer Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Die medizinische Versorgung stehe auf einem Scheidepunkt nicht nur im stationären, sondern auch im ambu­lanten Bereich, erklärte Brandl. Deshalb brauche es neue Planungs- und Finanzierungsprozesse. Zudem müsse schnell gehandelt werden, da viele Insolvenzen im Krankenhausbereich drohten, so Brandl. Ungesteuerte Prozesse könne man sich nicht leisten. Allerdings müsse der Fokus der Versorgung auf die Patientinnen und Patienten und das Personal gelegt werden. Das werde auch dazu führen, dass manche Häuser schließen müssen.

Brandl zeigte sich aber unsicher, ob die aktuellen Gesetzentwürfe zur Krankenhausreform ausreichen. Vielmehr brauche es „frisches Geld“, das den Transformationsfonds begleitet. Er begrüßte zudem, dass die Landesbasis­fallwerte erhöht werden sollen. Diese Maßnahme könnte das System auf gesunde Füße stellen, so Brandl.

Lauterbach hatte heute angekündigt, einen Transformationsfonds in zweistelliger Milliardenhöhe in den kommenden Jahren gemeinsam mit den Bundesländern für die Umsetzung der geplanten Reform bereitstellen zu wollen. Diese würden sich voraussichtlich aus Mitteln der Krankenkassen sowie Steuermitteln der Bundes­länder speisen. Entsprechende Verhandlungen liefen derzeit, so Lauterbach.

Krankenhausreform als „Blackbox“

Sager zeigte sich zwar offen für die geplante Krankenhausreform, kündigte aber auch an, diese sei eine Art Blackbox für ihn. Die Inhalte seien noch nicht erkenntlich und schwer abschätzbar, so Sager. Auch er betonte, er erwarte schnelle Hilfe und schnelles Handeln vonseiten des Bundes. Sager betonte, die Politik dürfe nicht den ländlichen Raum aus dem Blick verlieren. Er befürchte, dass Krankenhäuser in der Fläche verschwinden werden.

Auf die Forderungen der kommunalen Spitzenvertreter nach mehr Geld, ging Lauterbach nicht ein. Der Minister wiederholte allerdings sein Versprechen, die Reform müsse und werde bald in Kraft treten. Die Änderung der Krankenhausfinanzierung werde eine größere Insolvenzwelle vermeiden.

Ohne die Reform drohten für dieses Jahr mehr als 100 Krankenhausinsolvenzen, sagte Lauterbach und bezog sich damit auf interne Analysen sowie auf ein Gutachten des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbands (DEKV).

Sager warnte darüber hinaus vor einer „Zentralisierungstendenz aus Berlin“. Die deutschen Landkreise sprächen sich dagegen aus, dass mithilfe des Krankenhaustransparenzgesetzes Zuständigkeiten der Bundesländer um­gangen werden sollten.

Damit deutete Sager auf den Hauptstreitpunkt beim Transparenzgesetz hin. Der Bund wollte damit ab Oktober 2024 bereits eine Übersicht zu den geplanten Leistungsgruppen und welche Krankenhäuser diese anbieten, erstellen.

Allerdings braucht der Prozess, bis die Bundesländer die Leistungsgruppen tatsächlich jedem Standort zugeord­net haben, deutlich länger. Deshalb ist die Befürchtung vonseiten der Länder groß, dass der Bund eine vorläufi­ge Zuteilung vornimmt, die maßgeblichen Einfluss auf die tatsächliche Zuordnung haben könnte.

Streit mit den Bundesländern geht weiter

Lauterbach hatte vergangene Woche vor allem der Union vorgeworfen, das Krankenhaustransparenzgesetz zu blockieren. Sollte die Union weiterhin verhindern, dass es dazu einen Kompromiss im Vermittlungsausschuss geben werde, trage sie einen wesentlichen Anteil an der Schuld für kommende Krankenhausinsolvenzen, er­klärte er.

Zur Erklärung: Nachdem der Bundestag das Krankenhaustransparenzgesetz im Oktober verabschiedet hatte, hatte der Bundestag dieses am 24. November blockiert und den Vermittlungsausschuss angerufen. Im Transpa­renzgesetz sind neben der Übersicht und rechtlichen Regelungen auch Liquiditätshilfen für die Krankenhäuser vorgesehen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und einige Bundesländer zweifeln deren Wirksamkeit allerdings an.

Lauterbach erklärte heute, er hoffe auf eine schnelle Einigung im Vermittlungsausschuss. Er zeigte sich optimis­tisch, dass der Bundesrat am 2. Februar das Krankenhaustransparenzgesetz beschließen werde.

Lauterbach deutete an, dass es aufgrund der neuen Landesregierung in Hessen (CDU und SPD statt vorher CDU und Grüne) einen Mehrheitswechsel im Bundesrat geben könnte. Allerdings hält das Gesundheits­ministerium in Hessen nun die CDU. Zu Details aus den Verhandlungen zum Transparenzgesetz äußerte er sich nicht.

Aus Bayern schoss die dortige Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) heute zurück: „Der Bundesgesund­heitsminister versucht, den Ländern die Verantwortung für die drohende Klinikinsolvenzwelle in die Schuhe zu schieben. Das ist ein geradezu dreistes Ablenken vom eigenen Versagen.“ Lauterbach wolle mit seinem Vorge­hen Druck ausüben, damit die Länder „seinem verkorksten Krankenhaustransparenzgesetz doch noch zustimm­en“.

Klar sei aber, für mögliche Pleiten trage allein Lauterbach die Verantwortung, betonte Gerlach. Der Bund habe die Verantwortung für die Betriebskosten der Kliniken, die ihnen ohne Ausgleich durch Kostensteigerungen existenzbedrohend über den Kopf wachsen würden. „Die Länder setzen sich deshalb, bislang vergeblich, bei der Bundesregierung für ein Soforthilfeprogramm für die Krankenhäuser über fünf Milliarden Euro ein“, wiederholte Gerlach ihre Forderung auf kurzfristige Hilfen.

Das Gesetz zur großen Krankenhausreform, das Krankenhausfinanzierungsgesetz, solle am 24. April ins Bundes­kabinett eingehen, kündigte Lauterbach heute weiter an. Bislang waren in den vergangenen Monaten erste Ar­beitsentwürfe aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) bekannt geworden, die allerdings noch unter dem Namen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz liefen.

Lauterbach hatte die Spitzen der Kommunen heute zum Gespräch über die Krankenhausreform eingeladen. Ur­sprünglich war für heute ein Treffen zwischen Bund und Ländern zum gleichen Thema angesetzt. Dieses hatte Lauterbach als Reaktion der Länderblockade beim Transparenzgesetz kurz vor Weihnachten aber ohne Ankün­digung eines weiteren Termins verschoben.

cmk

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