TI-Pauschale: BMG setzt weiter auf Selbstverwaltung

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) setzt bei Ermittlung der Pauschale für Anschluss und Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI) weiterhin auf eine Einigung der Selbstverwaltungspartner. Ab 1. Juli soll die Pauschale ausgezahlt werden.
Vor einem Monat bereits waren die Verhandlungen über die TI-Pauschale gescheitert: Bis zum 30. April hätten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband die Höhe der TI-Pauschale und weitere Details vereinbaren müssen.
Mehr als drei Wochen vor Ende der Frist gaben die Standesorganisationen jedoch bereits bekannt, auf keinen gemeinsamen Nenner zu kommen. Genau das bevorzugt das BMG jedoch, wie es auf Anfrage erklärt.
Das Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) werde deshalb das Gespräch zu den Vereinbarungspartnern suchen. Bleibt auch das ohne Erfolg, muss das Ministerium selbst entscheiden.
„Ohne Einigung wird das BMG den Vereinbarungsinhalt bis zum 30. Juni 2023 festlegen und dabei den letzten Verhandlungsstand berücksichtigen“, erklärt eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Ziel sei die Umstellung auf die TI-Pauschale ab dem 1. Juli 2023.
Durch das neue Finanzierungssystem der monatlichen TI-Pauschale würden sowohl für die Kostenträger als auch für die Leistungserbringer Planungssicherheit und Handlungsspielräume geschaffen, betonte sie.
„Insbesondere sollen die von der Pauschale abgedeckten Komponenten festgelegt werden und durch die Pauschalfinanzierung bei den Herstellern und Anbietern die wettbewerblichen Rahmenbedingungen verbessert werden.“
Aufseiten der Leistungserbringer entstehe dadurch die Möglichkeit, Produkte beim wirtschaftlichsten Anbieter erwerben zu können. KBV und KZBV überzeugt das Ministerium damit allerdings nicht.
„Dass Anbieter von IT-Systemen im Gesundheitswesen aufgrund von pauschalen Kostenerstattungsgrenzen ihre Preise auf die Erstattungsbeträge absenken, ist realistisch nicht zu erwarten“, hatten die KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner nach Scheitern der Verhandlungen in einem Brief an Lauterbach geschrieben.
Steiner kritisierte darin vor allem die Schwierigkeiten, die der sogenannte Lock-In-Effekt vielen Praxen beschere. Für die niedergelassenen Kollegen sei es fast unmöglich, das ohne großen Aufwand zu tun. Sie seien dem Anbieter „mehr oder minder auf Gedeih und Verderb ausgeliefert“, hatte sie erklärt.
„Die TI-Pauschale ist unabhängig von einem Wechsel des Primärsystems zu betrachten“, erwidert das Ministerium nun auf Steiner.
Der Gesetzgeber sei diesbezüglich bereits tätig geworden: Mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) sei nämlich eine Regelung geschaffen worden, die Anbieter von Primärsystemen gesetzlich verpflichtet, Dienste und Komponenten aller Anbieter in ihr System einzubinden, soweit Schnittstellen vorgegeben oder festgelegt sind. Zusätzliche Gebühren dürften sie dafür nicht erheben.
„Eine einmalige Anschluss- oder Freischaltungsgebühr für Komponenten und Dienste von Drittanbietern ist damit ebenso unzulässig wie monatliche Wartungsgebühren für anbieterfremde Komponenten und Dienste“, erklärte die Sprecherin.
Außerdem sei eine Regelung geschaffen worden, die es den Kassenärztlichen Vereinigungen ermöglicht, mit den Herstellern von Komponenten und Diensten der TI und von Primärsystemen Rahmenvorgaben zu vereinbaren, wozu die wesentlichen allgemeinen Vertragsbedingungen wie Leistungspflichten einschließlich zum Beispiel Vereinbarungen zu Service-Leveln sowie Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards, die Preise, die Laufzeiten und die Kündigungsfristen gehören.
Auch Regelungen zu Vertragsstrafen könnten dort aufgenommen werden, betont das Ministerium: „Die einzelnen Vertragsärztinnen und -ärzte und Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte können auf dieser Grundlage, gegebenenfalls auf die individuellen Bedarfe angepasste, Einzelverträge abschließen.“
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