Politik

Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Krankenhausreform

  • Mittwoch, 15. Mai 2024
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellt die Krankenhausreform in der Bundespressekonferenz vor. /picture alliance, Kay Nietfeld
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellt die Krankenhausreform in der Bundespressekonferenz vor. /picture alliance, Kay Nietfeld

Berlin – Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Krankenhausreform beschlossen. „Heute ist ein sehr guter Tag für die Patientinnen und Patienten in Deutschland. Es ist aber auch ein guter Tag für die Kranken­häuser selbst“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Nachgang vor der Bundespresse­konferenz. Die geplante Krankenhausreform sei die größte seit 20 Jahren und stelle eine Revolution im Krankenhaussektor dar. Der heutige Beschluss sorgte für erneute Kritik von allen Seiten.

Der Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) sieht eine Einführung von zunächst 65 Leistungsgruppen vor. Diese sollen die Qualität der Versorgung durch bundeseinheitliche Kriterien zur Sach- oder Personalausstattung verbessern.

Die Kliniken müssen die Kriterien erfüllen, um entsprechende Leistungen einer bestimmten Leistungsgruppe erbringen und abrechnen zu können. So soll sichergestellt werden, dass künftig nur Leistungen an Standorten erbracht werden, an dem auch das dafür benötigte Personal und Ausrüstung vorhanden ist.

Darüber hinaus soll es eine Vorhaltefinanzierung geben, die die diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) zu 60 Prozent ablösen. Die Finanzierung und Leistungsgruppen sollen voneinander abhängig sein. Als dritte große Änderung sind sogenannte sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (vormals Level 1i-Klini­ken) geplant, die als kleine Krankenhäuser eine Schnittstelle der ambulanten und stationären Versorgung bilden sollen.

Diese Vorhaben sollen den Mangel bei Spezialisierungen bei Behandlungen beheben, eine zu starke Ökono­misierung aufgrund der Fallpauschalen eindämmen und die „enorme Bürokratie“ in den Krankenhäusern re­duzieren, erklärte Lauterbach heute. „Ein Drittel der Arbeitszeit von jungen Ärztinnen und Ärzten geht für Bürokratie verloren“, räumte er ein.

Weniger Dokumentationspflichten für ärztliches Personal geplant

Für Ärzte, die in Krankenhäusern tätig sind, sollen Entlastungen vor allem in drei Bereichen erfolgen. Zum einen sollen die Fehlbelegungsprüfungen nicht mehr für jeden einzelnen Fall im Krankenhaus vorgenommen werden. Die Vorhaltebudgets machten diese Prüfung überflüssig, erklärte Lauterbach.

Zudem falle der Fixkostendegressionsausgleich künftig weg, hier würden viele Dokumentationsaufgaben für Ärzte ebenfalls nicht mehr nötig sein. Und: Dokumentationen für Bereinigungen, um defensiv aufgestellt zu sein, was die Prüfung der Medizinischen Dienste der Verweildauern angeht, würden ebenfalls wegfallen, be­tonte der Minister.

Insbesondere bei den kleineren Häusern, den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen, müsste künftig nicht mehr so viel dokumentiert werden. Die geplanten Tagespauschalen und ambulante Abrechnun­gen würden entsprechende Dokumentationsaufgaben überflüssig machen, so Lauterbach.

Darüber hinaus sei die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Krankenhausbereich, etwa bei den Kran­ken­hausinformationssystemen (KIS), geplant. Durch das Gesundheitsdigitalagenturgesetz sollen Routinedoku­mentationen für Abrechnungen vereinfacht werden, so Lauterbach.

Auch die Bundesländer hätten weitere Vorschläge zur Entbürokratisierung eingebracht. Hier werde sich der „Bund bewegen“ und gute Vorschläge im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens berücksichtigen, erklärte Lauterbach. Das Verfahren im Bundestag soll noch vor der Sommerpause mit einer ersten Lesung des Ge­setzes starten, sagte er.

Die Länder hätten aber auch zahlreiche Vorschläge gemacht, die die Qualität der Versorgung aushöhlen würden. Der Bund werde bei Qualitätsabstrichen aber hart bleiben, erklärte Lauterbach.

Verfassungsfragen sind weiter Thema

Das KHVVG ist als zustimmungsfreies Gesetz geplant, so dass die Bundesländer im Bundesrat nicht zu­stimmen müssen. Einige Länder sehen dies jedoch anders, Bayern hatte sogar mit einer Klage gegen das Gesetz gedroht.

„Die verfassungsrechtliche Prüfung, ob das Gesetz zustimmungsfrei oder zustimmungspflichtig ist, haben die beiden dafür zuständigen Ressorts – das Bundesjustizministerium und das Bundesinnenministerium – sehr gründlich vorgenommen“, erklärte Lauterbach heute auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes. Die Reform sei so gestaltet, dass sie bundesratszustimmungsfrei sei.

Er gehe nicht davon aus, dass der Bundesrat das Gesetzesverfahren – durch den Anruf des Vermittlungsaus­schusses wie beim Krankenhaustransparenzgesetz – in die Länge ziehen werde, da jeder ein großes Interesse daran habe, dass die Reform schnell komme. Er werde weiter mit den Ländern sprechen. Eine weitere Runde mit den Gesundheitsministerinnen und -ministern der Länder sowie den Fraktionen solle in zwei Wochen im BMG stattfinden, kündigte er an.

Allerdings gab es in einer aktuellen Fassung des Gesetzentwurfs nochmals Änderungen, wohl genau aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Passus der ursprünglich geplanten medizinisch-pflegerischen Leistungen, die von den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen erbracht werden sollten, ist im Kabinettsentwurf nicht mehr zu finden.

Auf eine entsprechende Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes, erklärte Lauterbach, diesbezüglich habe es verfassungsrechtliche Bedenken gegeben. Hintergrund sei, dass diese Leistungen nur für die sektorenüber­grei­fenden Versorger, also nur einen Teil der Kliniken, eingeführt werden sollten. „Weil wir jedes rechtliche Risiko ausschließen wollen, haben wir diese Leistung zunächst einmal nicht in den Kabinettsentwurf aufge­nommen“, so Lauterbach.

cmk

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