Politik

Vertragsärzte kritisieren Digitalpläne des Bundesgesund­heitsministeriums

  • Mittwoch, 21. Juni 2023
/metamorworks, stock.adobe.com
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Berlin – Kritik an den Entwürfen für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) sowie das Digitalgesetz (DigiG) übt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). „Ganz viel Schatten, aufgehellt mit ein wenig Licht“, lautet die Bewertung des KBV-Vorstandes.

Die Vorstellung, dass Krankenkassen aufgrund der Auswertung von Abrechnungsdaten ihre Versicherten warnen können, unter Umständen an schweren Erkrankungen zu leiden, sei „gruselig“, so die KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner. Zu befürchten sei, dass dann verunsicherte Versicherte zusätzlich in die Praxen strömen. Zudem hätten sich die Krankenkassen bisher alles andere als wirklich an einer adäquat finanzierten und umfassenden Versorgung ihrer Versicherten interessiert gezeigt.

Zudem müsse sich die Struktur der elektronischen Patientenakte (ePA) „grundlegend ändern, damit sie vom Nischenprodukt mit Paradiesvogelstatus zur Massenanwendung“ werden könne. Die ePA müsse sich schnell und automatisch befüllen lassen. Außerdem seien die Anbieter von Praxisverwaltungssystemen (PVS) gefordert, ihre Systeme anzupassen. Geschehe dies alles nicht, werde die ePA keine Akzeptanz finden – so die Prognose der KBV.

Als „alles in allem enttäuschend“ bezeichnete der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Markus Beier, die Gesetzentwürfe. Die Referentenentwürfe würden neben einigen guten Ansätzen vor allem „sehr viel Stückwerk“ enthalten. In Teilen würden die Pläne sogar mit bewährten Prinzipien des deutschen Gesundheitswesens brechen.

So sei es „alarmierend“, dass Krankenkassen zukünftig auf Grundlage von Versichertendaten Warnungen an Patienten ausspielen können sollen, wenn diese an bestimmten schweren Erkrankungen leiden könnten. Aus Sicht des Hausärzteverbandes würde dies dazu führen, dass die Menschen eine unspezifische Warnung von ihrer Krankenkasse erhalten, die viele nachvollziehbarerweise verängstigen werde. Das die Datenauswertung der Kassen ohne ausdrückliche Zustimmung der Patienten möglich sein soll, stelle zudem einen sehr weitgehenden Eingriff dar, welcher rechtlich intensiv geprüft werden müsse.

Die Kritik des Verbandes ist aber auch grundsätzlicher Natur: Man sei in Deutschland in der Vergangenheit „gut damit gefahren“, dass Krankenkassen sich im Interesse der Patienten bei medizinischen Fragen „rauszuhalten haben“. Dieses bewährte Prinzip drohe nun fahrlässig über Bord geworfen zu werden.

Als Fehler betrachtet der Hausärzteverband auch das Vorhaben, die bisher geltende Begrenzung der Videosprechstunden auf maximal 30 Prozent der ärztlichen Arbeitszeit komplett aufzuheben. Stattdessen solle die geltende Begrenzung beispielsweise auf 50 Prozent erhöht werden – eine komplette Streichung komme der „Call-Center-Medizin durch kommerzielle Anbieter“, die ausschließlich Videosprechstunden im Portfolio haben, entgegen.

Grundsätzlich positiv bewertet der Hausärzteverband die Einführung einer Opt-Out-ePA. Bei der Umsetzung der ePA werde viel davon abhängen, ob Ärztinnen und Ärzte die ePA schnell und möglichst automatisiert befüllen können. Hier seien insbesondere auch die PVS-Hersteller in der Pflicht, ihre Systeme entsprechend anzupassen.

Der Bundesverband Managed Care (BMC) sieht in den beiden Entwürfen für Digitalgesetze große Fortschritte. „Entscheidend ist die letzte Meile der Digitalisierung hin zum Patienten. Konkrete Verbesserungen wie die Aufhebung der Mengenbegrenzung bei der Videosprechstunde, der Einstieg in digitale DMPs oder die Ausweitung der DiGAs weisen dafür den Weg“, erklärte der BMC-Vorstandsvorsitzende Lutz Hager. Weitere Schritte in der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie sollten aber folgen.

aha

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