Weniger Beschäftigte durch Betriebsärzte versorgt

Berlin – Der Anteil der Betriebe mit Unterstützung durch einen Betriebsarzt ist von 2011 auf 2015 von 40 Prozent auf 35 Prozent gesunken. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Demnach wurden 2011 74 Prozent der Beschäftigten durch einen Betriebsarzt betreut – zwei Jahre später (2015) waren es noch 72 Prozent.
Grund ist auch, dass die Zahl der Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde zwischen 2008 und 2017 nahezu unverändert geblieben ist und lediglich ein Plus von zwei Prozent verzeichnete. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Erwerbstätigen laut Statistischem Bundesamt von knapp 41 Millionen auf knapp 44 Millionen (plus 8,4 Prozent). Zudem hatte 2017 die Hälfte aller Arbeitsmediziner in Deutschland das Rentenalter erreicht und war 65 Jahre oder älter.
Der Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit Gefährdungsbeurteilung lag 2015 der Antwort zufolge bei 80 Prozent. Psychische Belastungen wurden dabei für weniger als der Hälfte der Beschäftigten berücksichtigt. Wie die Zahlen weiter zeigen, wurde in etwa der Hälfte der Betriebe (52 Prozent) in Deutschland überhaupt eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. Der Anteil ist 2011 und 2015 mit knapp der Hälfte konstant geblieben. In nur etwa jedem fünften Betrieb (22 Prozent) wurde 2015 eine Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung psychischer Belastungen durchgeführt, hieß es weiter.
Dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz bei der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung oft durchs Raster fallen, hatte zuletzt auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Dekra unter rund 300 mittelständischen Betrieben gezeigt. Dabei gaben vier von zehn Unternehmen (41 Prozent) an, eine Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen für die Beschäftigten vorzunehmen. Das ist mehr als die Zahlen der Betriebsbefragung von 2015 zeigen.
Ob die neueren Zahlen ein zunehmendes Bewusstsein zeigen, bleibt aber unklar. Die Bundesregierung will erst 2020 eine weitere Betriebsbefragung starten. Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) wolle man dann den Deckungsgrad von Gefährdungsbeurteilungen, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten ermitteln.
Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Linken im Bundestag, sieht das Thema von der Bundesregierung vernachlässigt. „Mut zur Lücke, dass scheint das skandalöse Motto der Bundesregierung beim Arbeitsschutz zu sein“, sagte sie. Notwendig sei mehr Personal beim Arbeitsschutz und eine Anti-Stress-Verordnung. Der Forderung nach einer Anti-Stress-Verordnung hatte die Bundesregierung aber bereits in einer anderen Anfrage der Linken eine Absage erteilt.
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