Ärztetagabgeordnete: Versorgung zielgerichteter gestalten

Mainz – Der 128. Deutsche Ärztetag hat sich dafür ausgesprochen, die vorhandenen Versorgungskapazitäten in Deutschland stärker als bisher zielgerichtet einzusetzen.
In dem mit überwältigender Mehrheit angenommenen Beschlussantrag des Vorstands der Bundesärztekammer (BÄK) heißt es, die Gesundheitsversorgung in Deutschland stehe angesichts eines wachsenden Versorgungsbedarfs in einer Gesellschaft des langen Lebens, eines zunehmenden Fachkräftemangels und zugleich wachsender Versorgungsmöglichkeiten durch den medizinischen Fortschritt vor immensen Herausforderungen. Schon derzeit arbeiteten Ärztinnen und Ärzte sowie die anderen Gesundheitsfachberufe an der Belastungsgrenze und oft darüber hinaus.
Das deutsche Gesundheitswesen sei wie wenige andere von einem „kaum gesteuerten Zugang und einer unstrukturierten Inanspruchnahme gekennzeichnet“. In dem Beschluss wird betont, dies sei auch zum Nachteil der Patientinnen und Patienten – denn unter diesen Bedingungen werde es immer schwieriger, eine abgestimmte und sichere Versorgung zu gewährleisten.
Um die vorhandenen Ressourcen effizienter einzusetzen, sollten Patienten für die primäre Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung eine Arztpraxis verbindlich wählen. Dieser Anlaufpunkt solle für alle gesundheitlichen Anliegen die primärärztliche Versorgung sowie die Koordination einer notwendigen Weiterbehandlung bei Fachärztinnen und Fachärzten und in weiteren Versorgungsbereichen übernehmen.
Die Ärztetagsabgeordneten plädierten in diesem Zusammenhang dafür, die hausarztzentrierte Versorgung weiter auszubauen. Dabei solle aber beispielsweise in der gynäkologischen und augenärztlichen Versorgung der unmittelbare Zugang zur fachärztlichen Versorgung erhalten bleiben. Bei Patienten mit einer besonders im Vordergrund stehenden chronischen Erkrankung, die eine intensive und kontinuierliche fachärztliche Versorgung erfordert, solle die Behandlungskoordination durch den behandelnden Facharzt erfolgen können.
Betont wird in dem Beschluss, dass Leistungen die in der primärärztlichen Versorgung erbracht werden, „sowohl im hausärztlichen wie auch konsekutiv auf Überweisung im fachärztlichen Bereich“ entbudgetiert werden müssten.
Zugang zur Notfallversorgung steuern
Gefordert wird in dem Beschluss auch eine Steuerung des Zugangs in die Notfallversorgung mithilfe einer validierten standardisierten medizinischen Ersteinschätzung. Dafür sei die bundesweite Einrichtung gemeinsamer beziehungsweise vernetzter Leitstellen von ärztlichem Bereitschaftsdienst (116117) und Rettungsdienst (112) entscheidend.
Wesentlich seien zudem digitale Strukturen, die „den Daten- und Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten der Notfallversorgung, eine Anzeige verfügbarer Versorgungskapazitäten in Echtzeit und direkte Online-Terminvergaben“ ermöglichen.
Eine grundlegende Voraussetzung für eine gelungene Zugangssteuerung stelle die Förderung der Gesundheitskompetenz der Menschen sowie ihr Wissen über die Strukturen des Gesundheitswesens und deren sachgerechte Inanspruchnahme dar. „Beginnen muss die schon im Kindes- und Jungendalter durch Implementierung eines Schulfaches Gesundheit in den Grund- und weiterführenden Schulen“, heißt es in dem Beschluss.
Um eine Versorgung zu gewährleisten, die neben der ärztlichen Kompetenz auch andere medizinische und teils auch soziale Berufsgruppen einbezieht, müsse die interprofessionelle Versorgung strukturell gefördert und adäquat finanziert werden.
Der 128. Deutsche Ärztetag forderte die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, diese Maßnahmen „im engen Austausch mit den Ärztinnen und Ärzten und den weiteren Berufsgruppen im Gesundheitswesen jetzt umzusetzen und zu gestalten“.
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