Palliativbetreuung: Deutschland hat bei Versorgung aufgeholt
Osnabrück/Berlin – Deutschland hat nach Einschätzung des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV) bei der Versorgung sterbenskranker Menschen stark aufgeholt. „Wir dürfen zu Recht stolz darauf sein, dass über Sterben und Tod in Deutschland wieder viel offener gesprochen wird und dass viele Menschen nicht mehr in den Badezimmern und Abstellkammern der Krankenhäuser sterben müssen“, sagte der DHPV-Vorsitzende Winfried Hardinghaus heute.
Der Dachverband von rund 1.500 ambulanten Hospizdiensten, über 236 stationären Hospizen und mehr als 300 Palliativstationen in Krankenhäusern feiert morgen in Berlin sein 25-jähriges Bestehen. Teilnehmer sind unter anderen Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).
Palliativmedizin und Sterbebegleitung werden in Deutschland in unterschiedlichen Formen in Krankenhäusern oder Hospizeinrichtungen angeboten. Daneben gibt es auch ambulante Dienste, die Patienten zu Hause betreuen. Nach Angaben der Nationalakademie Leopoldina werden Patienten im Schnitt zwei Jahre lang palliativ versorgt. Bei etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten ist eine spezialisierte Palliativversorgung notwendig. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz dauert die durchschnittliche Sterbebegleitung in einem Hospiz 18 Tage.
Die Zahl der Teams für Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV), die Sterbenden zu Hause in schwersten Versorgungssituationen beistehen sollen, ist auf mehr als 300 gewachsen. Notwendig wären in Deutschland nach Schätzungen des PalliativVerbandes 330 Teams. In der Hospizbewegung engagieren sich den Angaben zufolge bundesweit 100.000 Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Bis 2015 haben nahezu 10.000 Mediziner die Zusatzausbildung zum Palliativmediziner absolviert.
Vor allem durch ehrenamtliches Engagement sei aus der Hospizbewegung eine starke Bürgerbewegung geworden, sagte Hardinghaus. Auf einer Rangliste unter 40 westlichen Industriestaaten liege Deutschland bei der Versorgung Sterbender mittlerweile auf Platz acht.
„Wir sind insgesamt gut versorgt“, sagte der DHPV-Präsident. Er räumte zugleich ein, dass es insbesondere in ländlichen Regionen weiße Flecken bei stationären Hospizen, ambulanten Hospizdiensten und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung gebe. Bei stationären Hospizen drohe umgekehrt in Ballungsgebieten bisweilen eine Überversorgung. Hardinghaus forderte die Betreiber von Alten- und Pflegeheimen auf, stärker mit ambulanten Hospizdiensten und externen Ärzten zusammenzuarbeiten, um die Versorgung der Heimbewohner am Lebensende zu verbessern.
Mit Blick auf eine immer stärkere Verankerung von Hospizen und Palliativmedizin im deutschen Gesundheitssystem sagte der Mediziner, die Hospizbewegung müsse aufpassen, dass sie ihre Seele nicht verliere. Sie dürfe sich „von dem Trend zu Ökonomisierung und Institutionalisierung“ nicht lähmen lassen.
„Wir müssen vor allem das ehrenamtliche Element stärken“, sagte er. „Hospizarbeit heißt, gerade den Kranken und Schwachen Gastfreundschaft zu erweisen und uns um sie zu kümmern. Es geht um die Bedürfnisse der Sterbenden und ihrer Angehörigen und nicht um die Standards, die das Gesundheitssystem vorschreibt.“
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