Masern, Apotheken, MDK: Drei Gesetze, alle Vorhaben

Berlin – Masern, Apotheken, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, Krankenhausabrechnungsprüfungen: Das Bundeskabinett hat heute in Berlin drei Pakete aus Gesetzen und Verordnungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beschlossen. Die wesentlichen Punkte der Reformvorhaben, die noch im Bundestag und zum Teil vom Bundesrat beraten und verabschiedet werden müssen, im Überblick.
Masernschutzgesetz
Vor der Aufnahme in Kindertagesstätten, Schulen oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen müssen alle Kinder nachweisen, dass sie beide von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen gegen Masern erhalten haben.
Personen, die in diesen Einrichtungen arbeiten wollen, müssen ebenfalls eine vollständige Masernschutzimpfung nachweisen. Dies gilt auch für Personen, die in medizinischen Einrichtungen arbeiten wollen.
Auch in Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften müssen sowohl Bewohner als auch dort Tätige die Impfungen nachweisen.
Entsprechend der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission sind Personen mit medizinischen Kontraindikationen und Personen, die vor 1970 geboren sind, von der Impfpflicht ausgenommen. Das gilt auch für Personen, die die Krankheit bereits nachgewiesenermaßen durchlitten haben.
Der Nachweis kann durch den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder – insbesondere bei bereits erlittener Krankheit – ein ärztliches Attest erbracht werden.
Kinder, die schon in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden, und Personen, die dort bereits tätig sind, müssen den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbringen.
Nichtgeimpfte Kinder können vom Besuch der Kindertagesstätte ausgeschlossen werden. Nichtgeimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen keine Tätigkeiten aufnehmen.
Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, müssen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen. Das Bußgeld kann auch gegen Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Gleiches gilt für nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und für nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte.
Alle Ärzte (außer Zahnärzte) dürfen Schutzimpfungen durchführen.
Die Dokumentation von Schutzimpfungen soll auch in elektronischer Form möglich sein. Patienten können damit auch automatisiert an Termine für Folge- und Auffrischimpfungen erinnert werden.
Damit der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) wieder verstärkt freiwillige Reihenimpfungen in Schulen durchführen kann, verpflichten wir die Krankenkassen, mit dem ÖGD Vereinbarungen über die Erstattung der Kosten für diese Impfungen zu treffen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) soll verstärkt über Schutzimpfungen informieren. Dafür werden Mittel in Höhe von zwei Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt.
Das Gesetz soll am 1. März 2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
MDK-Reformgesetz/Krankenhausabrechnungsprüfung
Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) stellen künftig keine Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen mehr dar, sondern werden als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts einheitlich unter der Bezeichnung „Medizinischer Dienst“ (MD) geführt.
Auch der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) wird vom GKV-Spitzenverband organisatorisch gelöst.
Die Besetzung der Verwaltungsräte der MD wird neu geregelt. Künftig werden auch Vertreter der Patientinnen und Patienten, der Pflegebedürftigen und der Verbraucher sowie der Ärzteschaft und der Pflegeberufe im Verwaltungsrat vertreten sein.
Künftig soll die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen. Dazu wird ab dem Jahr 2020 eine maximale Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der Prüfungen begrenzt.
Eine schlechte Abrechnungsqualität hat negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus.
Strittige Kodier- und Abrechnungsfragen werden systematisch reduziert. Dazu werden durch verschiedene Maßnahmen bestehende Blockaden des Schlichtungsausschusses auf Bundesebene aufgelöst.
Statt Strukturen und Ausstattungen von Krankenhäusern in vielen Einzelfällen zu prüfen, wird das Verfahren in einer Strukturprüfung gebündelt.
Unnötige Prüffelder im Bereich der neuen Pflegepersonalkostenvergütung werden vermieden.
Der Katalog für sogenannte „ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe“ wird erweitert. Dadurch können die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten in den Krankenhäusern künftig konsequenter genutzt und dem heute noch häufigsten Prüfanlass entgegengewirkt werden.
Eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ist künftig grundsätzlich nicht mehr zulässig.
Durch Einführung einer bundesweiten Statistik soll das Abrechnungs- und Prüfgeschehen transparenter werden.
Zudem soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) künftig seine öffentlichen Sitzungen live im Internet übertragen sowie in einer Mediathek für einen späteren Abruf zur Verfügung stellen. Damit soll die Transparenz seiner Entscheidungen weiter verbessert werden.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Apothekengesetz
Für gesetzlich Versicherte gilt künftig der gleiche Preis für verschreibungspflichtige Arzneimittel – unabhängig davon, ob sie diese in der Vor-Ort-Apotheke oder über eine EU-Versandapotheke beziehen. Versandapotheken dürfen gesetzlich Versicherten keine Rabatte mehr auf rezeptpflichtige Arzneimittel gewähren.
Apotheker erhalten für zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen extra Geld. Beispiele hierfür sind eine intensive pharmazeutische Betreuung bei einer Krebstherapie oder die Arzneimittelversorgung von pflegebedürftigen Patienten in häuslicher Umgebung. Hierfür werden durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung 150 Millionen Euro netto zur Verfügung gestellt.
Ärzte können zum Beispiel schwer chronisch kranken Patienten, die immer die gleiche Medikation benötigen, ein speziell gekennzeichnetes Rezept ausstellen. Auf dieses Rezept können Apotheker dann bis zu drei weitere Male das Arzneimittel abgeben. Das soll Versicherte und Arztpraxen entlasten.
Damit sich noch mehr Menschen gegen Grippe impfen lassen, bekommen Apotheker die Möglichkeit, im Rahmen von regionalen Modellvorhaben Erwachsene gegen Grippe zu impfen. Sie werden vorher dafür von Ärzten geschult.
Um den Apothekerberuf weiterzuentwickeln, werden zwei Verordnungen überarbeitet:
In der Apothekenbetriebsordnung wird unter anderem der Botendienst der Vor-Ort-Apotheke gestärkt. Er soll nicht mehr nur auf den Einzelfall begrenzt, sondern grundsätzlich auf Kundenwunsch zulässig sein.
In der Arzneimittelpreisverordnung werden der Festzuschlag für Notdienste (insgesamt 50 Millionen Euro) und der Betrag, den Apotheken für die Abgabe von Betäubungsmitteln erhalten (15 Millionen Euro), erhöht. Die Erhöhung der Notdienstvergütung soll die Vor-Ort-Apotheken insbesondere in Regionen stärken, in denen es nicht so viele Apotheken gibt.
Das Gesetz und die Verordnung sollen Anfang 2020 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
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